Lancia Thesis 2.4 Multijet Sanfte Sänfte
23.01.2004, 08:45 UhrVon Axel F. Busse
Bringen Ihnen Ihre Mitmenschen nicht die Aufmerksamkeit entgegen, die Sie verdienen? Ein Mittel, das zu ändern kommt aus Italien, heißt „Thesis“ und in der Sprache der Musik bedeutet das soviel wie „betonter Taktteil“. Die Betonung liegt in diesem Fall allerdings auf visuellem Gebiet, wie man als Fahrer des gleichnamigen Lancia-Modells schnell mitbekommt.
Eine elegante und zugleich aufregende Linienführung zeichnet den derzeit größten Lancia aus. Seine spezielle und unverwechselbare Ästhetik bezieht das Auto aus Stilelementen im Retro-Design wie dem auffälligen Chromgrill oder den Kotflügeln, die markant von der spitz zulaufenden Motorhaube getrennt sind. Auch die Heckpartie ist trotz ihrer wuchtigen Dimensionen von graziler Schönheit, die dezente LED-Beleuchtung akzentuiert dies. Kein Wunder, dass unsere Testfahrten mit diesem Auto von so viel neugierigen Blicken am Straßenrand begleitet wurden.
Seit Kurzem ist die Limousine, die ihre Wettbewerber vor allem in Stuttgart, München und Ingolstadt ausmacht, mit einem 2,4-Liter-Turbodiesel zu haben, der aus fünf Zylindern 129 kW (175 PS) holt. Für einen Selbstzünder ist die Literleistung von mehr als 73 PS enorm, aber man möchte sich nicht vorstellen, dass der Thesis mit weniger Leistung daherkommt. Schließlich sind in den gehobenen Ausstattungsvarianten rund 1,9 Tonnen zu bewegen.
Ebenso wohnlich wie nobel geht es im Innenraum zu, und wer sich für die „Emblema“-Linie entscheidet, bekommt zu einem Preis von 44 000 Euro Oberklasse-taugliche Komplett-Ausstattung, die nicht nur Wohltuendes wie Ledersessel, Sitz-Memory und 6-fach-CD-Wechsler umfasst, sondern auch Nützliches wie Bi-Xenon-Licht, Regensensor und sprachgesteuerte Navigation. Alles ist funktional angeordnet und edel in von weichen Linien bestimmter Cockpitgestaltung verpackt. Dass der Tempomat bei Tacho 120 nur effektive 111 km/h zuließ, liegt im Toleranzbereich.
Dass sich im Thesis wie mit sanfter Sänfte komfortabel reisen lässt, liegt nicht nur am großen Radstand (2,8 Meter) und der Mehrlenker-Einzelradaufhängung, sondern auch am üppigen Platzangebot und gelungener Geräuschdämpfung. Die Lenkung ist angenehm leichtgängig, nur der Wendekreis könnte selbst bei einen 4,88-Meter-Schiff kleiner sein. Durch besser profilierte Vordersitze mit größerer Seitenführung ließe sich der bequeme Eindruck noch aufwerten. Geringste Spalt- und Fugenmaße innen wie außen zeugen von hoher Fertigungspräzision.
Was die Fahrleistungen angeht, war der Testwagen für manche Überraschung gut. Im Sprint und im Verbrauch unterbot er die Werksangaben, auch im Bereich von 80 bis 120 km/h zeigte er sich mit 7,4 Sekunden erstaunlich agil. Die Fülle positiver Eigenschaften kann leider nicht darüber hinweg täuschen, dass im Bereich der Antriebseinheit noch Potenzial zu Optimierungen besteht. So arbeitet der Diesel im Leerlauf sehr rau und mit Vibrationen, die in dieser Klasse Naserümpfen hervorrufen. Auch die „Comfortronic“ genannte Fünfgang-Automatik findet nicht immer auf Anhieb die zur Fahrsituation passende Stufe, was vor allem im Tempobereich zwischen 60 und 70 km/h häufig zu unnötig hohen Drehzahlen führt.
Sind diese kleinen Schwächen erst einmal ausgemerzt, ist der Thesis 2,4 JTD ein repräsentatives Fahrzeug, deren Besitzer ihre Individualität auch auf der Straße ausleben wollen. Die selbstbewusste Absage an die Uniformität der Sterne und Nieren am Kühler wird bezahlt mit einer steiler verlaufenden Wertverlustkurve, bringt aber auch eine Menge Luxus ab Werk zu einem moderaten Einstiegspreis.
Quelle: ntv.de