Er redete und redete und redete Larry King moderiert ab
17.12.2010, 14:39 Uhr
Ein verwaistes Mikrofon - und keiner fragt sich, was aus ihm wird!
(Foto: Reuters)
Alle haben sie bei ihm auf dem Stuhl gesessen - Showstars, Politker, Helden des Alltags. Doch nach 25 Jahren ist Schluss, Larry King hört lieber freiwillig auf, als dass ihm einer den Saft abdreht.
Er redete und redete und redete. Und nun das: Schweigen. Ein halbes Jahrhundert lang saß Larry King hinterm Mikrofon, mehr als 40.000 Interviews hat er geführt - und am Donnerstagabend war Schluss. Mit 77 Jahren hängt Larry King seine legendären Hosenträger an den Nagel und gibt seine Talkshow im Sender CNN auf, die seit Juni 1985 fast jeden Abend über den Bildschirm flimmerte. In einer Zeit der schnellen Veränderungen war sie ein Fixpunkt der Beständigkeit. Zuletzt freilich drängte sich der Eindruck auf, dass King und seine Show ihre große Zeit hinter sich hatten.
Klappe zu, Licht aus, der Worte sind genug gewechselt. Zur Abschiedssendung trat noch einmal eine Promi-Riege an, um dem alten Plaudermeister die Referenz zu erweisen: Präsident Barack Obama erklärte King zum "Giganten der Fernsehunterhaltung", Gouverneur Arnold Schwarzenegger proklamierte den Tag in Kalifornien offiziell zum "Larry-King-Tag", Bill Clinton riet dem Moderator zur Regsamkeit im Ruhestand: "Wir müssen weiter arbeiten, das hält uns fern vom Grab."
Auch am letzten Abend blieb King seinem Stil treu. Er ist keiner, der seine Gäste mit scharfen Fragen in die Ecke treibt. "Meine Lieblingsfrage war immer die nach dem Warum", verriet er. "Sie zwingt die Leute zum Nachdenken." King bezeichnet sich selbst am liebsten als Interviewer, nicht etwa als Journalisten. Immer höflich, immer charmant plauderte sich der Show-Mann durch die Jahrzehnte. Kritiker bemängelten, er gehe zu nachsichtig mit seinen Gästen um. Promis und Politiker freilich kamen immer gerne zu King.
So ist das Geschäft eben
King betont, dass er den Zeitpunkt seines Abschieds selbst gewählt hat. Dabei ließ er zuletzt einen gewissen Verdruss über die extreme Boulevardisierung des Nachrichtengeschäfts in den USA durchblicken. Das Publikum verlange nach Boulevard, "so ist das Geschäft eben", sagte King in einem Interview mit der "Los Angeles Times". Promi-Auftritte, Seitensprünge, Mordfälle dominieren viele Sendungen. "Man kann schlecht argumentieren, dass das große Nachrichten sind, aber so etwas gilt heute eben als Nachricht", sagte er. "Ich bin da schon auch neugierig, aber nicht Abend für Abend."
Die Glanzzeiten seiner Show, die früher jeden Abend Millionen von Menschen vor den Fernseher zog, waren vorbei. Im ersten Halbjahr 2010 hatte King in den USA durchschnittlich 723.000 Zuschauer, 40 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Kings Sender CNN befindet sich selbst in der Krise, er hat seine frühere Dominanz im News-Geschäft verloren. Vor dem Hintergrund der anhaltenden politischen Polarisierung in den USA sind viele Zuschauer zu politisch geprägten Kabelprogrammen abgewandert - etwa zum stramm rechten Quotenbringer Fox News mit seinen aggressiv ideologischen Talk-Sendungen.

Hat genug mit seiner Familie zu tun: Larry King und seine Frau Shawne mit den Kindern.
(Foto: Reuters)
Auch wenn King zuletzt nicht mehr der Quotenkönig von einst war, kann er sich doch zugute halten, der erste große Talkstar im US-Kabelfernsehen zu sein. "Als ich vor 25 Jahren mit dieser Show anfing, hätte ich nie gedacht, wohin das führen würde", sagte er zum Abschied. Er werde weiterhin Radiosendungen machen und ab und zu auf den Bildschirm zurückkehren: "Ich gehe nicht weg, das hier ist keine Beerdigung."
Geboren wurde King am 19. November 1933 als Lawrence Harvey Zeiger im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Seinen Namen änderte er auf Anraten eines Radiomanagers in Larry King. Seine erste Radiosendung hatte er in Miami Beach, von 1978 bis 1984 moderierte er im Rundfunk die "Larry King Show". Der junge Kabelsender CNN warb ihn ab, im Juni 1985 ging er erstmals mit jener Gesprächs-Show auf Sendung, die bis Donnerstag dieser Woche laufen sollte.
Quelle: ntv.de, Peter Wütherich, AFP