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Schwermütig und wunderschön "In Rainbows" von den Radioheads

Um eine CD zu verkaufen, sollte man sie kostenlos ins Internet stellen. Die Band Radiohead ist gerade dabei, die Vertriebsstrukturen der Musikbranche komplett auf den Kopf zu stellen. Ihr neues Album "In Rainbows" kann man seit kurzem von der Band-Homepage herunterladen. Der Clou: Jeder Käufer kann den Preis selbst bestimmen. Und trotzdem soll noch jemand die im Januar erscheinende CD kaufen. So etwas kann nur funktionieren, wenn man ein verdammt gutes Album vorlegt. Und das ist den Briten gelungen.

Sänger Thom Yorke und seine Mitstreiter mischen auf "In Rainbows" wieder einen wunderbaren Mix aus elektronischen Klängen und Rockmusik zusammen. Das Ganze wie immer sehr traurig und mit Texten, deren Bedeutung man nur schwer versteht, die aber gerade deswegen so schön sind. Immer wieder bekommt man beim Hören des neuen Radiohead-Werks eine Gänsehaut. Das erste Mal bei dem famosen Stück "Reckoner". Yorkes bittersüße Stimme wird von einem ruhig dahin fließenden Elektronik-Sound untermalt. Ein Song zum verträumt in den Himmel schauen.

Bei "Jigsaws Are Falling Into Place" übernehmen wieder Bass und Gitarre das Kommando. Yorke erzählt, wie er auf der Tanzfläche ein Mädchen trifft. Sie nimmt seine Hand und geht trotzdem später allein nach Hause. Alles was bleibt, ist ein kurzer Blickkontakt, als sie den Raum verlässt.

Das neue Radiohead-Album ist keine Gute-Laune-Musik. Alles ist schwermütig und trotzdem schön. Bei "Faust Arp" scheinen sich Yorke und Co die schwedischen Melancholie-Musiker "Kings of Convenience" zum Vorbild zu nehmen. Der Song klingt nach einer warmen Tasse Tee an einem grauen Sonntag-Nachmittag.

Das Album endet mit dem famosen Stück "Videotape". Dramaturgisch perfekt kommt der Höhepunkt des Albums ganz zum Schluss. Und dazu braucht es nicht mehr als ein getragenes Klavier, einen fast schon kakophonen Rhythmus, der sich anhört wie eine wütende Maschine, und Yorkes sanfte Stimme.

Wer eine so gute CD wie "In Rainbows" einfach kostenlos aus dem Netz lädt, wird in den meisten Fällen ein schlechtes Gewissen bekommen. Und genau darauf setzen Radiohead. "Wenn wir nicht glauben würden, dass die Leute auch die CD kaufen werden, wenn sie die Musik hören, würden wir das nicht machen", meinte Radiohead-Manager Bryce Edge gegenüber dem britischen Branchenblatt Music Week. Ob der Plan wirklich aufgeht, wird sich im Januar zeigen, wenn die CD-Version von "In Rainbows" in den Läden steht.

Auf jeden Fall haben Radiohead mit ihrer Selbstvermarktung Bewegung in das kriselnde Tonträger-Geschäft gebracht. Weil immer weniger Menschen CDs kaufen, sehen sich viele Bands nach alternativen Vertriebsstrukturen um. Und Radiohead-Nachahmer stehen bereits in den Startlöchern. Die Nine Inch Nails sind zum Beispiel seit kurzem frei von einem Plattenvertrag. Sänger Trent Reznor sagte bereits, dass er sich auf eine direktere Beziehung mit seinem Publikum freue. Harte Zeiten für die großen Musik-Labels.

Quelle: ntv.de

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