Kino

"Ich bin etwas durchgedreht" Rooney Mara in "Verblendung"

Wurde zur "Lisbeth Salander": Rooney Mara.

Wurde zur "Lisbeth Salander": Rooney Mara.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Ab sofort läuft die US-Verfilmung von Stieg Larssons Erfolgsroman "Verblendung" in den Kinos. Die Rolle der geheimnisvollen Hackerin Lisbeth Salander spielt darin Rooney Mara. Im Interview spricht sie über die harten Dreharbeiten, Piercings und ihren Filmpartner Daniel Craig.

Kannten Sie die Figur der Lisbeth Salander bereits aus der Romanvorlage, bevor Sie sich um die Rolle bewarben?

Rooney Mara: Zuallererst habe ich die schwedische Verfilmung gesehen, die Bücher las ich erst später. Ich hatte dann zunächst mein erstes Vorsprechen, danach erfuhr ich, dass wir im folgenden Schritt auch Probeaufnahmen machen würden. Vor diesen Aufnahmen habe ich dann alle drei Bücher gelesen.

Lisbeth Salander hat sich zu einer wahren Kultfigur der modernen Unterhaltungsliteratur entwickelt. Warum sind so viele Menschen von ihr derart beeindruckt?

Auch ich habe mich ihr wirklich verbunden gefühlt und verstanden, was diese Person ausmacht. Ich denke, der Grund dafür, dass sie eine so große Wirkung auf viele Menschen hat, ist die Tatsache, dass die meisten Leute an einem Punkt in ihrem Leben selbst mit dem Gefühl konfrontiert werden, von den Mächtigen klein gehalten zu werden, ein Außenseiter zu sein, unterdrückt zu werden. Das können die Leute nachempfinden. Sie sehen, was Lisbeth widerfährt und möchten sie unterstützen. Sie wollen, dass sie am Ende ihr Ziel erreicht.

Für die Rolle wurde Mara optisch komplett verwandelt.

Für die Rolle wurde Mara optisch komplett verwandelt.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Der Ursprung der Figur Lisbeth lässt sich augenscheinlich auf eine andere Figur schwedischer Bücher und Filme zurückführen: Pippi Langstrumpf ...

Ich weiß, dass Pippi definitiv eine Inspiration für Stieg Larsson war, als er das erste Buch schrieb. Die Gemeinsamkeiten der beiden Figuren sind ziemlich offensichtlich. Pippi ist ein Waisenkind und unglaublich klein und dürr, aber sie kann ein Pferd stemmen. Sie ist irre stark und kämpft ständig gegen Bösewichte. Genau so ist das auch mit Lisbeth. Sie wirkt überaus zerbrechlich, jung und klein, dennoch kann sie sich verteidigen und besitzt eine Art übermenschliche Stärke. Und auch sie kämpft gegen die Bösen. Es gibt da also viele Parallelen.

Können Sie beschreiben, wie es war, als Sie in Lisbeth Salander verwandelt wurden - mit all den Gesichts- und Körper-Piercings und der Punkfrisur?

Wir haben das alles an einem Tag gemacht. Die Haare wurden geschnitten, der Kopf rasiert, dann wurden die Haare gefärbt, die Augenbrauen gebleicht, und anschließend wurden sämtliche Piercings gemacht - alles an einem einzigen Nachmittag in New York. Aber es war okay für mich. Ich glaube, vor allem wegen der Augenbrauen bin ich etwas durchgedreht, denn dadurch veränderte sich mein Aussehen total. Nach fünf Minuten habe ich mich dann aber wieder gesammelt, damit abgefunden und angefangen, mich daran zu gewöhnen. Die Schmerzen beim Piercen waren nicht allzu schlimm. Es fühlte sich nicht gerade toll an, aber richtig schlimm war es auch nicht.

Welche Fähigkeiten mussten Sie sich für den Film aneignen? Lisbeth Salander ist ja eine vielschichtige, versierte Frau.

Wir mussten für die Rolle sehr viel trainieren. Da war das Skateboard-Fahren, das Computer-Training, Kickboxen, Motorrad-Training, der Dialekt. Ich habe so viel gelesen und recherchiert. Zudem ging ich zu dieser Schule namens "The Help Group", in der eigentlich Kinder mit Asperger und Autismus unterrichtet werden. Außerdem besuchte ich ein Zentrum für Frauen, die sexuell missbraucht wurden. Wir haben also einen sehr großen Aufwand betrieben. Das mit dem Frauen-Zentrum und der Autisten-Schule war meine eigene Idee. Das Kickboxen wollte ich auch sehr gern machen. Alles andere musste ich ebenfalls mitmachen, um auf die Rolle vorbereitet zu sein.

Ihr Counterpart als Mikael Blomkvist im Film ist Daniel Craig.

Ihr Counterpart als Mikael Blomkvist im Film ist Daniel Craig.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Werden Sie mit dem Skateboarding, dem Motorradfahren und dem Kickboxen nach dem Film weitermachen?

Mit dem Kickboxen möchte ich sehr gern weitermachen, das fand ich echt toll. Zum Motorradfahren ... da könnte ich jetzt eigentlich mal den Führerschein machen. Vielleicht gehe ich das auch an. Aber ich denke, dass ich danach nicht mit dem Motorrad in L.A. herumfahren werde!

Regisseur David Fincher hat gesagt, er hätte den Casting-Prozess für seine Schauspieler absichtlich schwierig gestaltet. Wie war das im Vergleich zu "The Social Network"?

Die Vorsprechen für "The Social Network" waren ziemlich easy. Ich glaube, ich war zweimal da und dann hatte ich die Rolle; das war also relativ einfach. Einmal war ich dort und sprach bei Aaron (Aaron Sorkin, Drehbuchautor von "The Social Network", Anm. d. Red.) vor, danach noch einmal bei David - und das war's. Dieses Mal erstreckte sich dieser ganze Prozess im Gegensatz dazu aber über zweieinhalb Monate. Das erste Vorsprechen hatte ich beim Casting Director, dann kamen die ersten Probeaufnahmen und im Anschluss noch weitere Probeaufnahmen. Dann gab es einen Test mit Daniel (Daniel Craig, neben Mara Hauptdarsteller in "Verblendung", Anm. d. Red.). Danach haben David und ich meine Haare, mein Kostüm und mein Make-up zurechtgemacht und in der U-Bahn von Los Angeles ein paar Szenen gedreht, in denen ich meine Rolle spielte. Das waren keine offiziellen Dreharbeiten, wir haben mit einer kleinen Kamera einfach nur alles Mögliche ausprobiert und ich hatte dabei eine schwarze Perücke auf. Wir wollten lediglich verschiedene Looks ausprobieren.

Wurde dieser ganze Prozess im Laufe der Zeit, in der Sie sich mit der Figur auseinandergesetzt haben, einfacher?

Ich würde nicht sagen, dass es einfacher wurde. Gegen Ende war es eher ziemlich frustrierend. Aber David unterstützte mich die ganze Zeit über und setzte sich für mich ein.

Wie hat David Fincher es bewerkstelligt, am Set eine unbeschwerte Stimmung zu bewahren, die bei der Arbeit an einem intensiven Film wie diesem ja sehr wichtig ist?

So sieht Rooney Mara im "normalen Leben" aus.

So sieht Rooney Mara im "normalen Leben" aus.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Wir hatten sehr viel Spaß am Set. Wie Sie richtig gesagt haben: dieser Film ist wirklich sehr intensiv, trotzdem haben wir dabei auch unsere Späße gemacht. Zwar mussten alle hart arbeiten und dabei ernst bleiben, es wurde aber auch sehr viel gelacht. David lässt niemanden härter arbeiten, als er es selbst tut. Und alles, was er macht, hat seinen Sinn. Er macht so viele Takes, weil er ganz genau weiß, was er sehen möchte. Es wird immer sehr viel Zeit und Geld in die Pre-Production und Vorbereitung gesteckt - und dann geht man hin und macht nur drei Takes. Was soll das? Man sollte die ganze Sache doch lieber richtig erforschen, bis man sich sicher ist, dass man es wirklich erfasst hat. David hat einen unglaublichen Sinn für Humor, aber er arbeitet immer ernsthaft und mit vollem Einsatz. Ich kann mir nicht vorstellen, diesen Film mit jemand anderem zu drehen als mit ihm. Und ich würde es auch nicht wollen.

Wie hart waren die Bedingungen bei den Dreharbeiten in Schweden?

Bevor die wirklich extreme Kälte kam, waren wir bereits abgereist, aber schon während unserer Dreharbeiten war es dort so kalt, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Die Wetterbedingungen waren wirklich hart. Im Winter hatten wir eine Eiseskälte und um 15:30 Uhr war es zudem schon stockfinster, es gab also kaum Tageslicht. Als wir dann im Sommer zurückkamen, gab es wiederum keine richtige Nachtphase. Damit zurechtzukommen, fiel echt schwer. Die Möglichkeit, dort drehen zu können, war all die Mühen aber auf jeden Fall wert.

Wie war es für Sie, Daniel Craig bei der Arbeit zusehen zu können?

Daniel ist unglaublich. Ich bin so dankbar, dass er im Film mitspielt und dass ich mit ihm zusammenarbeiten durfte. Weil ich so viele neue Sachen machen musste, mit denen ich keine Erfahrung hatte, war es echt toll, Daniel an meiner Seite zu haben. Er hat ja bereits so viele Erfahrungen gesammelt.

Für Craig ist sie voll des Lobes: "Er ist unglaublich."

Für Craig ist sie voll des Lobes: "Er ist unglaublich."

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Freuen Sie sich schon darauf, Lisbeth Salander (hoffentlich) durch eine ganze Film-Trilogie hindurch erforschen zu können?

Ja, ich hoffe, dass wir die Gelegenheit dazu bekommen. Zunächst müssen wir erst einmal abwarten, wie die Resonanz auf den ersten Film ausfällt. Ich wäre sehr traurig, wenn es das für mich und diese Figur schon gewesen sein sollte. Liebend gern würde ich sie noch weiter ausarbeiten. Deswegen hoffe ich sehr, dass der Film den Leuten gefällt.

Ihrer Figur wird viel abverlangt, sowohl emotional als auch physisch. Welcher Aspekt stellte für Sie die größere Herausforderung dar?

Ich denke, ich habe mich gut vorbereitet und wusste daher, wie fordernd die Rolle emotional und körperlich werden würde. Im Vergleich war die physische Herausforderung härter zu verdauen, weil es viele Tage gab, an denen wir Stunts machten, und davon eine Menge Takes, immer und immer wieder. Es gibt da zum Beispiel diese Szene auf der Rolltreppe in der U-Bahn. Körperlich war ich dabei eigentlich in einer ziemlich guten Verfassung, aber dennoch nicht wirklich darauf vorbereitet, dermaßen viele Takes zu machen. Es war schon extrem anstrengend, sich prügeln zu müssen, ständig hin und her zu rennen und herumzuwirbeln. Das alles hat mich ziemlich geschlaucht und am nächsten Tag fühlte ich mich entsprechend.

Wissen Sie schon, was Sie als Nächstes machen werden?

Ich bin mir nicht sicher. Eine kleine Pause könnte ich ganz gut gebrauchen, aber ich habe mich noch nicht entschieden. Es gäbe da verschiedene Möglichkeiten, jedoch ist noch nichts offiziell.

Wann haben Sie sich entschlossen, die Schauspielerei als Beruf zu verfolgen?

Die US-Version von "Verblendung" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.

Die US-Version von "Verblendung" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen, wir mochten beide alte Filme und gingen gern ins Theater - das alles liebte ich also seit jeher. Und ich machte bei kleinen Schauspielkursen und solchen Sachen mit. Ich wusste schon immer, dass ich das später einmal ausbauen wollte, aber genau so klar war mir auch, dass ich zuerst die Schule fertigmachen wollte, bevor ich die Schauspielerei professionell angehe. Auf dem College versuchte ich dann, neben dem Studium Schauspiel-Aufträge zu bekommen und ich ging zu Vorsprechen. Ich machte also beides parallel.

War Ihre Mutter ein Film-Freak?

Als richtigen Freak würde ich sie nicht bezeichnen, aber sie liebte alte Filme und sah sich immer Sachen wie "Vom Winde verweht" und "Leoparden küsst man nicht" an.

Quelle: ntv.de

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