TV

"Tatort" aus dem Norden Bremer Blut

War hier wirklich ein Vampir am Werk? Die Kommissare Stedefreund und Lürsen sowie Rechtsmediziner Dr. Katzmann rätseln noch.

War hier wirklich ein Vampir am Werk? Die Kommissare Stedefreund und Lürsen sowie Rechtsmediziner Dr. Katzmann rätseln noch.

(Foto: Radio Bremen/Christine Schröder)

An der Weser geht es transsylvanisch zu: Vampire, Nachtmahre und blasser Teint. Oder gibt es für die ausgeblutete Tote doch eine normale Erklärung? Inga Lürsen steht vor einem Rätsel. Und Stedefreund wandelt auf den Spuren Draculas.

Wie hatte Sabine Postel es jüngst in einem Interview mit der TV-Zeitung "Auf einen Blick" so trocken formuliert? "Alles nicht meins", so die Schauspielerin, die seit nunmehr 21 Jahren die Bremer "Tatort"-Kommissarin Inga Lürsen spielt und für die im Frühjahr 2019 dieser Karriereabschnitt endet. Was sie damit meinte, waren die experimentellen "Tatort"-Stoffe der letzten Jahre, darunter improvisierte Dialoge, Horrorkino, blutjunge Ermittler und einiges mehr. Nun steht sie selbst knietief im Blut, Verzeihung, im Dickicht eines, bleiben wir ruhig beim Terminus, durchaus "experimentellen" Drehbuchs.

Bei Nora Harding geht offenbar einiges nicht mit rechten Dingen, dafür aber körperbetont zu.

Bei Nora Harding geht offenbar einiges nicht mit rechten Dingen, dafür aber körperbetont zu.

(Foto: Radio Bremen/Christine Schröder)

Als im Park die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, sind es ihre Halsverletzungen, die allzu fantasievolle Kriminologen schnell an Vampirismus denken lassen. Aber wir sind hier in Bremen, der Blick auf die Dinge ist traditionell hanseatisch-pragmatisch, da macht auch Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) kaum eine Ausnahme. Dennoch mehren sich die Anzeichen, dass dieser Mord eben doch kein alltäglicher Ermittlungsfall ist, auch der Zuschauer wird schnell eingenordet, im Prinzip gleich mit der Eröffnungssequenz. Wenn junge Mädchen bei selbstgemachtem Popcorn Filmabende vor der Röhre verbringen, um anschließend allein durch den dunklen Park nach Hause zu gehen, weiß man natürlich längst, dass hier zwielichtiges Unheil lauert.

Während Sabine Postel im Laufe der Ermittlungen bemüht ist, ihren kühlen Kopf zu bewahren, gerät Kollege Stedefreund (Oliver Mommsen) ins Trudeln. Was ist Traum? Was ist Realität? Was hat es mit diesem Buch über Vampirismus auf sich - und warum ist es für ihn plötzlich so schwierig, sich im Tageslicht aufzuhalten?

Halloween-Süppchen unterm Fadenkreuz-Banner

Ob dieser "Tatort" mit dem tiefroten Titel "Blut" denn wohl ihrer ist, oder ist diese aus dem üblichen Schema fallende Episode für Sabine Postel auch nur eines dieser nicht besonders gelungenen Krimi-Experimente am Sonntagabend? Ihrem Spiel merkt man natürlich nichts an, im Gegenteil, auch kurz vor der Zielgeraden, in ihrem vorletzten Fall, ist Postel wie gewohnt ganz Lürsen. Und das, obwohl Philip Koch hier als Autor und Regisseur eine Geschichte erzählt, die sich, ähnlich wie der Frankfurter Haunted-House-Fall im Vorjahr, ebenso passgenau kurz vor "Halloween" in die Reihe der Horrorgeschichten unterm Fadenkreuz-Banner einreihen.

Lilith Stangenberg, die hier ihrem intensiven Spiel aus Nicolette Krebitz’ Wolfsdrama "Wild" eine überaus körperbetonte Fortsetzung gönnt, Cornelius Obonya als gebrechlicher Vater zwischen Fürsorge und Kapitulation, die beiden in einem Haus, in dem sich bestimmt auch der "Babadook" gern mit an den Abendbrottisch gesetzt hätte - das alles unterfüttert von einigen superben Schreckmomenten, verzweifelten Kommissaren, flackernden Neonröhren, machen "Blut" zu einem äußerst unterhaltsamen Grusel-Krimscher.

Nennen wir das bleiche Kind der Vollständigkeit halber im Vorfeld beim Namen: Das ist doch kein "Tatort", wird es bestimmt wieder heißen. Fürwahr, das ist er wohl wirklich nicht. Zu vogelwild und zitatenreich, mit viel zu viel Lust am Blick über den Weser-Rand und Spaß an der heimischen DVD-Sammlung, hat Koch hier aber eines ganz sicher zubereitet: Ein höchst appetitliches, da und dort mit dicken Backen auf Logiklöcher und Reality Check pfeifendes Halloween-Süppchen, mit dem es sich unter der sonntagabendlichen Wolldecke bestens schaudern lässt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen