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Faschings-"Tatort" aus München Ein Traum von besseren Zeiten

Dauerbetüdelt und am Ende: Rotkäppchen (Nina Proll).

Dauerbetüdelt und am Ende: Rotkäppchen (Nina Proll).

Mit Themen-"Tatorten" ist das ja immer so eine Sache: Manche funktionieren ganz wunderbar, viele andere dagegen eher nicht. "Kehraus" ist eine ganz eigene Sache - und kommt gleichzeitig genau zur richtigen und falschen Zeit.

Ob als Karneval, Fastnacht oder Fasching: "Tatort"-Macher scheinen die närrischen Tage zu lieben. Zumindest aber drehen sie sehr gerne Filme darüber, und das nicht nur ganz klassisch und eher unterirdisch 2015 in Köln, sondern auch unkonventionell und ziemlich brillant vor zwei Jahren im Schwarzwald. Und obwohl wahrscheinlich niemand so richtig darauf gewartet hat, dürfen in diesem Jahr auch endlich mal die Münchner in lustige Kostüme schlüpfen.

Traurige Angelegenheit: Fasching in München.

Traurige Angelegenheit: Fasching in München.

(Foto: BR/Lieblingsfilm GmbH/Peter Nix)

Nun scheint Fasching in München allerdings schon von Haus her eine eher traurige Angelegenheit zu sein, jedenfalls wenn man der Handlung von "Kehraus" folgt: In der trauern eine abgehalfterte Faschingsprinzessin und jede Menge andere verlorene Seelen besseren Zeiten hinterher und waten dauerbetüdelt durch schmutzigfeuchte Lamettapfützen. "Der Fasching in München […] hat - ähnlich wie Silke - seine besten Zeiten hinter sich und wirkt beinahe wie 'aus der Zeit gefallen'", bringt Hauptdarstellerin Nina Proll das Grundgefühl, das man beim Zuschauen hat, auf den Punkt.

Bittere Realität vor unseren Augen

Wie treffend die Formulierung bei der Ausstrahlung des Films auch abseits der Handlung passen würde, konnte Proll beim Dreh allerdings noch nicht ahnen. Erst Ende Januar wurden wegen explodierender Corona-Zahlen alle öffentlichen Faschingsveranstaltungen in München - vom "Tanz der Marktweiber" bis zum Umzug der "damischen Ritter" - abgesagt. Das traurig-bemühte Treiben in "Kehraus" wirkt vor dem Hintergrund also noch verzweifelter als ohnehin schon.

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Dass dann aber auch noch ein machtbesessener russischer Präsident den ersten Angriffskrieg auf europäischem Boden seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs beginnen würde, liest sich eher wie das Drehbuch eines durchgeknallten Autors und weniger wie die bittere Realität, die sich gerade vor unseren Augen abspielt. Die verstörenden Bildern, die uns nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine überfluten, verstärken die surreale und apokalyptische Grundstimmung noch, die "Kehraus" eh schon verströmt: Der Traum von besseren Zeiten wird zum alles bestimmenden Leitmotiv.

"Hört denn der Fasching niemals auf?", fragt Kommmissar Leitmayr (Udo Wachtveitl) während der Film-Ermittlungen irgendwann verzweifelt. Was für ein Luxus, als wir uns noch mit solchen Fragen beschäftigen durften.

Quelle: ntv.de

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