Panorama

Immer mehr Ausbrüche in Clubs Diskotheken werden zu Corona-Hotspots

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Feiern ohne Maske und Abstand: Trotz Tests und Impfnachweisen stecken sich immer mehr junge Leute in Clubs an.

(Foto: picture alliance/dpa)

Endlich feiern gehen: In vielen Regionen Deutschland haben die Clubs und Discos nach langer Zwangspause wieder geöffnet. Doch gleichzeitig steigen dort auch die Infektionszahlen - nicht zuletzt wegen jungen Partygängern. Experten fordern nun strengere Maßnahmen.

Mit den lange Zeit sinkenden Infektionszahlen stieg die Feierlaune: Angesichts niedriger Inzidenzen haben viele Bundesländer die Corona-Maßnahmen gelockert. So dürfen seit einiger Zeit auch vielerorts wieder Diskotheken ihre Innenräume für Partygäste öffnen. Doch gleichzeitig melden die Gesundheitsämter immer mehr Neuinfektionen - vor allem unter jungen Menschen nach Discobesuchen.

So sind in der Region Hannover derzeit rund 3000 Menschen in häuslicher Quarantäne, weil sie in Diskotheken, Clubs oder Bars gefeiert hatten, in denen sich am selben Abend auch mindestens eine mit Corona infizierte Person aufhielt, berichtet der NDR. In einem Fall habe ein Infizierter auf einer Party 25 Menschen angesteckt. Ob in den Lokalitäten gegen Auflagen und Hygienregeln verstoßen wurde, sei noch unklar.

Auch in Osnabrück feierte ein mit Corona infizierter Mann in einer Diskothek. Nun könnten mehr als 400 Besucher in Quarantäne geschickt werden. Das hänge davon ab, welche Virus-Variante der Disko-Besucher gehabt habe, sagte eine Stadtsprecherin. Bei der Delta-Variante seien die Geimpften und Genesenen von der Quarantäne ausgenommen, bei der ansteckenderen Gamma-Variante (zuerst in Brasilien nachgewiesen) müssten auch sie in Quarantäne.

In Nordrhein-Westfalen dürfen die Clubs seit 9. Juli wieder öffnen. Und auch hier kam es zu Ausbrüchen. In Aachen mussten dem WDR zufolge 900 Clubbesucher in Quarantäne, nachdem an zwei Abenden Infizierte in einem Club waren. Ebenso in Baden-Württemberg: 200 Menschen hatten Anfang Juli in einer Diskothek gefeiert, unter ihnen eine infizierte Mallorca-Urlauberin. Später wurde das Virus bei 34 Personen nachgewiesen, bei allen Infektionen handelte es sich um die Delta-Variante. Sechs der betroffenen Personen hatten sich trotz doppelter Impfung infiziert.

Schnelltests oft unzuverlässig

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach betrachtet diese Entwicklung mit Sorge und fordert angesichts der vielen Corona-Fälle nach Clubnächten strengere Maßnahmen. "Derzeit haben wir die Herdenimmunität noch nicht erreicht, deshalb rate ich, weiter vorsichtig zu sein", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Das bedeutet, Diskothekenbesuche nur für Menschen, die geimpft, genesen oder getestet sind und nur mit Maske." Die Maskenpflicht sei notwendig, weil die Schnelltests noch immer vier von zehn Corona-Infizierten nicht fänden. "Mit Maske infizieren sich dann zwar immer noch einige aber nicht mehr viele."

Auch der ehemalige Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig, Uwe Liebert, hält Schnelltests in Diskotheken als alleinige Maßnahme nicht für ausreichend. "Geimpften und Genesenen sollte man den Zutritt nicht verwehren. Bei den anderen sind Schnelltests besser als nichts, aber oft nicht ausreichend."

Liebert weist daraufhin, dass die Qualität der Tests auch je nach Anbieter sehr unterschiedlich sei. "Diskothekenbetreiber sollten darauf achten, dass sie Schnelltests mit einer hohen Sensitivität nutzen. Außerdem könnten sie Entkeimungsgeräte aufstellen, die über UV- oder UVC-Strahlung die Keime in der Aerosolwolke abtöten."

Mobile Impfteams vor Diskotheken?

Wie es zu den vielen Infektionen kommen konnte, kann Knut Walsleben, Präsident des Verbands deutscher Diskotheken und Tanzbetriebe, kaum nachvollziehen. "Wenn jeder Betreiber die Tests und die Impfnachweise vernünftig kontrolliert und sie auch fälschungssicher sind, dann dürfte es nicht zu solchen Fällen kommen", sagte er dem RND. Es gebe aber auch viele positive Beispiele in der Branche: "Da feiern jedes Wochenende Tausende, und es gab noch keinen einzigen Corona-Fall."

Niedersachsen hat inzwischen auf das Infektionsgeschehen reagiert und will ab kommender Woche einige Corona-Regeln wieder verschärfen. Bars, Clubs, Discotheken und Shishalokale müssen dann bereits bei einer Inzidenz von zehn in der jeweiligen Region wieder schließen, weil sie zuletzt erheblich zur Zunahme der Infektionen beigetragen hätten, erklärte die Staatskanzlei.

Die Wissenschaftler Lauterbach und Liebert appellieren außerdem, dass das Impftempo weiter hoch gehalten werden müsse. Noch seien zu wenige in der Bevölkerung vollständig geimpft, um zur Normalität zurückzukehren. "Wir müssen jetzt alles dafür tun, dass mehr geimpft wird", sagte Liebert. Auch vor Diskotheken und in den Partymeilen könnten mobile Impfteams stehen. "Um die Impfquote weiter hochzuhalten, müssen wir es den Menschen bequem machen", schlug Lauterbach vor.

Quelle: ntv.de, hny

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