Junge Frauen in Nepal verschollen Eltern bangen um Leonie und Nina
01.05.2015, 15:55 Uhr
Leonie Elsner und Nina Stechmann (l-r) in Kathmandu in Nepal, einen Tag bevor sie zu der Wanderung aufbrechen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die 20-Jährige Leonie meldet sich vor dem Erdbeben per SMS - seitdem herrscht Funkstille. Über soziale Netzwerke versuchen die Familien, an ein Lebenszeichen ihrer Töchter zu kommen. Vom Auswärtigen Amt fühlen sie sich im Stich gelassen.
Es sollte eine Tour durch ein atemberaubendes Bergpanorama am Himalaya werden. "Wir sind jetzt vier bis fünf Tage wandern, wir fahren Richtung Langtang-Tal", so meldete sich die 20-jährige Leonie aus Nepals Hauptstadt Kathmandu bei ihrer Mutter in Deutschland ab. Das war die vorerst letzte Handy-Botschaft der jungen Frau, die mit ihrer Freundin Nina unterwegs ist. Seit Ende der vergangenen Woche ist das Gerät stumm.
Verzweifelte Suche in den sozialen Medien
"Wir habe nur eine ungefähre Vorstellung, wo sie sein könnte", sagt die Mutter Anja Elsner in Lehrte bei Hannover. Auch am Freitag hatte sie noch nichts gehört. Die einzigen Info-Quellen im Moment seien Facebook oder Twitter. In den sozialen Netzwerken gebe es "gelegentlich handgeschriebene, abfotografierte Listen". Wie kommen die zustande? Hubschrauberpiloten reichten Zettel herum, die Geretteten schrieben ihre Namen darauf. Diese Listen würden dann auf Facebook oder Twitter gepostet. Schon seit Anfang April reisen Leonie und Nina durch Nepal. Noch vor ein paar Tagen strahlten sie gut gelaunt für ein Selfie ins Smartphone. Von Kathmandu ging die Fahrt weiter, am 24. April brachen sie vom Dorf Dhunche zur Wanderung ins Langtang-Tal auf - bis es ringsum zur Katastrophe kam.
Bei dem Erdbeben am vergangenen Samstag starben mehr als 6000 Menschen. 2,8 Millionen Menschen sind nach Schätzungen obdachlos, hinzu kommen viele Menschen, über deren Schicksal bisher nichts bekannt ist. Die Zahl der vermissten Deutschen nach dem verheerenden Erdbeben bewegt sich nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt im höheren zweistelligen Bereich. Nach den gewaltigen Erdstößen geht es für viele Bewohner und Touristen in der Region gleichermaßen ums Überleben.
Der Langtang-Nationalpark ist betroffen
Auch die beliebte Bergsteiger- und Wanderregion im Langtang-Nationalpark nördlich von Kathmandu war stark betroffen. Mit Helikoptern wurden dort nach einem Erdrutsch rund 175 Ausländer ausgeflogen, viele andere sollten weiter oben in den Bergen noch festsitzen, hieß es am Mittwoch vom Innenministerium in Kathmandu. In Trekking-Foren und sozialen Netzwerken suchen weltweit Angehörige nach den Vermissten. Dort gehen auch die Familien von Leonie und Nina jedem Hinweis nach. "Eine indische Zeitung hat über das Militär-Camp Braba berichtet, in das sich 500 Menschen flüchten konnten", sagt Elsner. Über deutsche und nepalesische Behörden seien die Namen aber bisher nicht zu erfahren.
Die verzweifelten Eltern versuchen weiter, etwa über Hilfsorganisationen Kontakte direkt im Land zu bekommen. So geben sie Bilder der Mädchen in alle Kanäle - erst am Freitag schickten sie ein Foto an eine Zeitung in Nepal. Doch von Leonie und Nina fehlt bisher weiter jede Spur. "Wir können nur spekulieren und hoffen", sagt Elsner. Die Menschen seien allerdings hilfsbereit, auch Nepalesen in Deutschland versuchten ihre Kontakte anzuzapfen. Vom Auswärtigen Amt fühlen sich die Eltern nach Elsners Worten unzureichend informiert - die Betroffenen wüssten nicht, was im Katastrophengebiet unternommen werde: "Was macht denn Deutschland?"
Quelle: ntv.de, Hans-Christian Wöste/Thomas Strünkelnberg, dpa