Panorama

Da will jemand verklagt werden Springer-Chef lobt Anti-Erdoğan-Gedicht

Jan Böhmermann

Jan Böhmermann

(Foto: dpa)

Mathias Döpfner gratuliert Jan Böhmermann zu seinem Gedicht über den türkischen Präsidenten. Die Schmähungen des Satirikers macht sich der Springer-Chef "in jeder juristischen Weise zu eigen" – was die Sache mit den Ziegen einschließt.

Der Vorstandsvorsitzende des Springer-Konzerns, Mathias Döpfner, hat dem ZDF-Satiriker Jan Böhmermann zu seinem Schmähkritik-Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gratuliert. Der Bundesregierung warf Döpfner vor, sich der türkischen Regierung zu unterwerfen.

Mathias Döpfner

Mathias Döpfner

(Foto: dpa)

"Ich finde Ihr Gedicht gelungen", schreibt Döpfner in einem Brief an Böhmermann, den die "Welt" veröffentlichte. "Ich habe laut gelacht." Dass das Gedicht "geschmacklos, primitiv und beleidigend war, war ja – wenn ich es richtig verstanden habe – der Sinn der Sache". In Deutschland sei "eine Art Staatskrise" ausgebrochen, "nur weil Sie Herrn Erdoğan als 'Ziegenficker' bezeichnet haben".

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am 4. April auch auf zweimalige Nachfrage offengelassen, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel sich in einem Telefonat mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu entschuldigt hatte. Merkel nannte das Gedicht "bewusst verletzend" und habe diese Auffassung auch Davutoglu dargelegt, so Seibert.

Interessant wird sein, ob und wie Böhmermann auf das Lob des Springer-Chefs reagiert. Döpfner schrieb, er wolle sich allen "Formulierungen und Schmähungen" des Satirikers "inhaltlich voll anschließen und sie mir in jeder juristischen Weise zu eigen machen". Vielleicht lerne man sich auf diese Weise vor Gericht kennen – Döpfner spielt dabei darauf an, dass die Türkei juristisch gegen Böhmermann vorgehen könnte. Das stimmt allerdings nur eingeschränkt: Paragraf 103 des Strafgesetzbuches verbietet zwar die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern, aber nur dann, wenn diese sich "in amtlicher Eigenschaft im Inland" aufhalten. Dennoch gingen mehrere Anzeigen von Privatpersonen bei der Staatsanwaltschaft in Mainz ein. Die ermittelt nun – das muss sie, unabhängig von den Erfolgsaussichten der Anzeigen.

"Das darf man nicht machen"

Bei Döpfners Lob für Böhmermanns Ziegenficker-Gedicht geht ein bisschen unter, dass das Gedicht nicht selbst die Satire, sondern nur Teil einer Satire war. Es war gewissermaßen eingebettet in ein satirisches Gesamtkonzept mit Meta-Ebene.

In dem Gedicht heißt es über Erdoğan unter anderem, "am liebsten mag er Ziegen ficken und Minderheiten unterdrücken". Böhmermann hatte dieses Gedicht in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" ausdrücklich als Schmähkritik eingeführt, die in Deutschland nicht erlaubt sei. "Das eine ist Satire und Kunst und Spaß, das ist erlaubt", sagte er mit Blick auf ein Lied der NDR-Satireshow "extra 3", das Erdoğan ebenfalls als Beleidigung aufgefasst hatte. Auf der anderen Seite gebe es Schmähkritik, "das ist ein juristischer Ausdruck"; das sei nicht erlaubt.

Das könne bestraft werden, so Böhmermann weiter, "und dann können auch Sachen gelöscht werden, aber erst hinterher, nicht vorher" (das ZDF löschte den Beitrag später tatsächlich). Die Sache sei ein bisschen kompliziert, "vielleicht erklären wir es an einem praktischen Beispiel". Erst dann verlas er sein Gedicht – mit dem ausdrücklichen Hinweis, "das, was jetzt kommt, das darf man nicht machen".

Für seine "Varoufake"-Satire über den Mittelfinger des ehemaligen griechischen Finanzministers Yannis Varoufakis hat Böhmermann gerade den Grimme-Preis bekommen. Der Preisverleihung blieb er fern. "Ich fühle mich erschüttert in allem, an das ich je geglaubt habe", schrieb er zur Begründung auf Facebook.

Quelle: ntv.de, hvo

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