Panorama

Lünen unter Schock "Wir mussten in der Klasse bleiben"

Tödliche Attacke in Lünen: Jugendlicher ersticht Mitschüler

Tödliche Attacke in Lünen: Jugendlicher ersticht Mitschüler

(Foto: dpa)

War es ein Streit? Traf es ein Zufallsopfer? Noch gibt es kaum Antworten zur tödlichen Attacke in einer Gesamtschule in NRW. Sicher ist nur - ein 14-Jähriger ist tot. Und ein 15-Jähriger steht unter Verdacht.

So richtig fassen können es die Eltern noch nicht, dass gerade ein 14-Jähriger an der Schule ihrer Kinder getötet wurde. "Ich finde es ganz schlimm. Man ist noch richtig konfus", sagt eine Mutter. Sie hat gerade ihren Sohn, einen Fünftklässler, von der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Lünen nördlich von Dortmund im Kreis Unna abgeholt. Vier Stunden zuvor ist dort der Junge aus der 8a getötet worden - vermutlich von einem 15-jährigen Mitschülern.

Über das, was der Tat vorausging, gab es wenige Stunden später nur Gerüchte. "Im Moment laufen die Ermittlungen auf Hochtouren, warum das genau passiert ist, was genau passiert ist", sagt eine Polizeisprecherin. Es werde nach Spuren gesucht, Zeugen würden vernommen. "RP Online" berichtet von Zeugen, denen zufolge der Angriff gar nicht dem 14-jährigen Schüler gegolten haben soll. Vielmehr habe der 15-Jährige versucht, einen Lehrer mit einem Messer anzugreifen. Der 14-Jährige sei dazwischen gesprungen und habe dabei Verletzungen erlitten, an denen er später starb. Die Polizei will das nicht bestätigen.

Verdächtiger ohne Widerstand festgenommen

Abdelkader Bouzea kannte das Opfer. "Ich war sein Fußballtrainer", erzählt der Mann vor dem Schultor. Noch am Morgen habe er dem 14-Jährigen eine Nachricht geschrieben, wann er zum Training kommen solle. Eine Antwort habe er nicht mehr erhalten.

Laut Polizei geschah die Tat am Morgen kurz nach 8.00 Uhr. Streifenwagen und Rettungskräfte seien alarmiert worden. Der 15-Jährige wurde kurz nach der Tat am nahegelegenen Datteln-Hamm-Kanal widerstandlos festgenommen, wie der ermittelnde Staatsanwalt Heiko Artkämper sagt. Eine Mordkommission übernahm die Ermittlungen.

Die Kollwitz-Schule ist eine von zwei Gesamtschulen in Lünen, einer Stadt am Rand von Ruhrgebiet und Münsterland. Nach Angaben der Stadtverwaltung besuchen 968 Schüler die Einrichtung. Neben einer musisch-künstlerischen Ausrichtung spielen Sprachen, Sport und naturwissenschaftliche, technische und mathematische Schwerpunkte tragende Rollen.

Niemand darf allein nach Hause gehen

"Wir mussten in den Klassen bleiben", erzählt die 14-jährige Eren Karatas. Dann habe ein Lehrer gesagt, dass jemand erstochen worden sei. Direkt mitbekommen habe er die Tat nicht, aber gehört, dass es einen Streit zwischen Täter und Opfer gegeben haben soll. "Sie kannten sich wohl." Erens Mutter Döndü Karatas fragt: "Warum hat der 15-Jährige das getan? Ich bin total traurig, dass es heutzutage so gewalttätig zugeht."

An Unterricht ist nach der Tat nicht mehr zu denken. Eltern sollen ihre Kinder abholen. Alleine gehen darf niemand. Schüler mit Handy schreiben ihren Eltern oder rufen sie an. Einem 13-Jährigen steht der Schrecken noch ins Gesicht geschrieben. Er erzählt, dass einige Mitschüler geweint haben, als sie in der Klasse auf ihre Eltern warten mussten. Um die Schüler kümmern sich am Vormittag auch Notfallseelsorger. Eine völlig aufgelöste Schülerin wird von zwei Erwachsenen in ein Gebäude begleitet.

Auch über den mutmaßlichen Täter gibt es kaum Informationen. Der 15-Jährige soll dort schon lange Schüler gewesen sein, aber zuletzt mehrere Wochen lang eine andere Schule besucht haben. Am Morgen soll er mit seiner Mutter wieder in der Gesamtschule erschienen sein. Die Polizei gibt zunächst lediglich bekannt, dass der 15-Jährige in Deutschland geboren wurde, die deutsche Staatsbürgerschaft besitze und außerdem einen kasachischen Pass habe.

Die Stadt kündigte für den morgigen Mittwoch um 12.00 Uhr eine Schweigeminute in allen Schulen und im Lüner Rathaus an. "Diese schreckliche Tat macht mich tief betroffen. Unser tiefes Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten der Familie des Opfers", teilt Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns auf der Internetseite der Stadt mit. "Es gibt keine Worte, die Trost spenden können. Aber wir werden zeigen, dass wir in Lünen in solchen Situationen zusammenstehen", hieß es weiter.

Auch auf der Straße in der Nähe der Schule sprechen die Passanten über die Tat. "Sowas ist hier in Lünen noch nie vorgekommen", sagt eine 52-Jährige. Die Schule habe eigentlich einen guten Ruf. Man habe schon mal von kleineren Schlägereien gehört, aber in der Zeitung habe eigentlich nie etwas gestanden. Eine 68-Jährige zeigt auf ihrem Handy das Bild einer schwarzen Trauerschleife, die sie kurz zuvor von einer Bekannten bekommen hat. "Traurig" hat sie dazu geschrieben.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen