"Vor allem wütend" Zentralkomitee verwarnt "Quertreiber-Bischöfe"
05.05.2023, 17:35 Uhr Artikel anhören
Zu den expliziten Gegnern der Reformen gehört etwa der Kölner Kardinal Woelki.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Laienorganisation der Katholiken ballt inzwischen nicht mehr nur die Faust in der Tasche, sondern mahnt mit klaren Worten die beschlossenen Reformen an. Die Rede ist von Männern, die ihre Macht zementieren oder von Gräben, die zwischen Kirche und Welt immer tiefer werden.
Nach dem Abschluss des Synodalen Weges pochen katholische Laien auf die Einhaltung der Reformbeschlüsse. "Wir bestehen auf einer Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges in allen deutschen Diözesen", sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, bei der Eröffnung der Frühjahrsvollversammlung in München. "Ich appelliere an die deutschen Bischöfe - an alle - ihrer Verantwortung gerecht zu werden." Ihr Stellvertreter Thomas Söding sprach von "Quertreibern" unter den Bischöfen, ohne allerdings Namen zu nennen. Das ZdK, das den Reformprozess gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) durchgeführt hat, halte sich an die Beschlüsse - "und das erwarten wir auch von den Bischöfen".
Der Vatikan missbilligt allerdings die Reformbeschlüsse. Auf eine "Frage" der fünf dezidiert konservativen deutschen Bischöfe - Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki und die bayerischen Bischöfe von Eichstätt, Augsburg, Passau und Regensburg -, ob sie an dem synodalen Ausschuss teilnehmen müssten und überhaupt dürften, schrieb der Vatikan im Januar, dass die Bischöfe nicht am synodalen Ausschuss teilnehmen müssten.
Die Synodalversammlung hatte im März nach einem mehr als dreijährigen Prozess vorsichtige Reformen beschlossen - beispielsweise, dass offizielle Segensfeiern für homosexuelle Paare zugelassen und Frauen in sakramentalen Ämtern gestärkt werden sollen. Außerdem soll ein synodaler Ausschuss eingerichtet werden, der vom Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) finanziert werden soll. "Die Beschlüsse sind nicht weitreichend genug", kritisierte Stetter-Karp erneut. Sie sieht eine "Kirche, in der führende Männer ihre Macht zementieren, Entwicklungen verweigern und die Gräben zwischen der Kirche und der Welt weiter vertiefen". Sie zeigte sich enttäuscht über die Absage Roms an eine Taufe durch Laien und betonte, inzwischen sei sie "manchmal vor allem eines: wütend".
Aufarbeitung des Missbrauchs lässt zu wünschen übrig
Erschüttert zeigte sie sich über die Ergebnisse der Missbrauchsstudie im Bistum Freiburg und die Rolle des früheren Erzbischofs Robert Zollitsch. Noch immer lasse die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals zu wünschen übrig. Es klinge "wie Hohn", dass es immer noch Bistümer gebe, die keine Studie zu sexueller Gewalt in Auftrag geben wollen und dass es keine Dunkelfeldstudie gebe. Aus ihrer Sicht gebe es "kein flächendeckendes Interesse daran, Licht ins Dunkel zu bringen", sagte die ZdK-Präsidentin. "Darüber bin ich wütend und auch erschüttert."
Stetter-Karp fand in ihrer Rede zum Start der Vollversammlung deutliche Worte. Sie sprach von einem "verkrusteten System" und forderte "eine tiefgreifende Transformation": "Als absolutistisches Machtsystem muss diese Kirche ein Ende finden." Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kritisierte die katholische Kirche in seinem Grußwort zum Start der Vollversammlung für ihren Umgang mit dem Missbrauchsskandal. Es habe "einfach viel zu lange" gedauert, bis Verantwortungsträger reagiert hätten, sagte Söder und bemängelte "zum Teil zu wenig Empathie gegenüber den Betroffenen".
Söder: "Jede Liebe ist segnenswert"
Die Kirche könne nur mit transparenter und entschiedener Aufarbeitung Vertrauen zurückgewinnen, sagte der CSU-Politiker. "Die Kirche hat eine einzigartige moralische Garantenstellung" - und darum gehe man auch zu Recht besonders hart mit ihr ins Gericht. Zu den Reformbestrebungen innerhalb der katholischen Kirche und dem Synodalen Weg wolle er sich zwar - als Protestant - nicht detailliert äußern. Er sagte aber, aus seiner Sicht sei "jede Liebe segnenswert". Und "wenn man Autobahnraststätten, Gondeln und Hamster segnen kann", dann solle das auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gelten.
Die religionspolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, Gabriele Triebel, warf wiederum Söder mangelnde Empathie vor. Er habe zu lange gebraucht, um eine unabhängige Anlaufstelle für Betroffene einzurichten.
Quelle: ntv.de, mau/dpa