Politik

Fataler Fehler der USA in Kundus 19 Menschen sterben in MSF-Klinik

Mitarbeiter des Krankenhauses kauern auf dem Boden im intakten Teil des Krankenhauses.

Mitarbeiter des Krankenhauses kauern auf dem Boden im intakten Teil des Krankenhauses.

(Foto: dpa)

Internationale Hilfsorganisationen können nicht fassen, was in Kundus passiert ist: In der Nacht wollen US-Kampfpiloten Punkte nahe einer Klinik unter Beschuss nehmen. Stattdessen treffen sie das örtliche Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen.

Bei einem Bombenangriff in Kundus haben amerikanische Kampfjets offenbar aus Versehen ein Krankenhaus der Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) getroffen und dabei mindestens 19 Menschen getötet. Es handele sich um zwölf MSF-Mitarbeiter und sieben Patienten, darunter auch drei Kinder, teilte MSF-Sprecherin Christiane Winje in Berlin mit. Weitere 37 Menschen - 19 Klinikmitarbeiter und 18 Patienten sowie Angehörige - wurden diesen Angaben zufolge zum Teil lebensgefährlich verletzt.

Der Sprecher der Nato-Mission in Afghanistan, Sernando Estreooa, erklärte zu dem Unglück: "Die US-Streitkräfte haben am 3. Oktober um 2.15 Uhr Ortszeit einen Luftangriff nahe der Einrichtung durchgeführt, wo einzelne Personen die Truppen bedrohten." Seit dem überraschenden Angriff der islamistischen Taliban auf Kundus versuchen Regierungstruppen mit Hilfe der Nato seit Tagen, die Stadt wieder komplett unter Kontrolle zu bekommen.

Klinik übermittelte Geodaten mehrfach

Der Sprecher der US-Streitkräfte in Afghanistan, Brian Tribus, räumte ein, dabei könnte versehentlich eine nahe gelegene medizinische Einrichtung getroffen worden sein. Der Vorfall werde untersucht. In einer Stellungnahme der US-Botschaft in Afghanistan hieß es, man trauere um die Menschen, die von dem "tragischen Zwischenfall" in dem Krankenhaus betroffen seien, sowie um deren Familien.

Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen wurden allen Konfliktparteien die genauen Geodaten ihrer Einrichtungen vorsorglich mehrfach übermittelt, zuletzt am 29. September. Nach Beginn des nächtlichen Angriffs habe man zudem das amerikanische und afghanische Militär erneut kontaktiert; dennoch habe das Bombardement noch mehr als 30 Minuten angehalten.

Uno und Hilfsorganisationen entsetzt

Die Vereinten Nationen kritisierten den Bombenangriff auf die Klinik aufs Schärfste. "Krankenhäuser, in denen sich Patienten und medizinisches Personal befinden, dürfen niemals zum Angriffsziel werden", sagte der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Nicholas Haysom. Der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides zeigte sich in einer Erklärung "zutiefst schockiert" über den Tod der MSF-Mitarbeiter. Medizinische Einrichtungen und humanitäre Helfer müssten geschützt werden, betonte auch er.

Ärzte ohne Grenzen und das internationale Rote Kreuz verurteilten den Angriff auf die Klinik ebenfalls und forderten alle Konfliktparteien auf, die Sicherheit von Zivilisten und Helfern zu achten. "Wir sind über den Angriff, das Töten von Mitarbeitern und Patienten und die schweren Auswirkungen auf die Gesundheitsfürsorge in Kundus zutiefst schockiert", sagte der Leiter der Organisation vor Ort, Bart Janssens. Er forderte alle Konfliktparteien auf, die Sicherheit von Gesundheitseinrichtungen und deren Personal zu respektieren.

Medien zeigen Videos der Zerstörung

Seit Montag wurden nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen in der Klinik 394 Verletzte behandelt. Zum Zeitpunkt des Luftangriffs seien 105 Patienten, Angehörige und gut 80 Mitarbeiter in dem Gebäude gewesen. Die Organisation veröffentlichte Bilder von der in Flammen stehenden Klinik und den massiven Schäden. Auf einem Foto kümmern sich Ärzte in einem überfüllten kleinen Raum um verletzte Patienten und Mitarbeiter.

Lokale Medien zeigten ein Video der beschädigten Anlage. In den Aufnahmen, die nur wenige Stunden nach dem Vorfall gemacht wurden, sind schwere Gebäudeschäden und zerbrochene Fenster zu sehen. Aus dem Inneren des Gebäudes schlagen Flammen. Die Anlage ist von einer dunklen Rauchwolke umgeben. Die Klinik wird ausschließlich aus Spenden finanziert und behandelt jeden - unabhängig von Herkunft oder Religion. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte: "Keiner unserer Kämpfer war zum Zeitpunkt des Angriffs ein Patient der Klinik."

Quelle: ntv.de, nsc/dpa

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