Politik

EU sucht Zuhause für Flüchtlinge 55.000 Menschen sind verteilt - und der Rest?

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Deutschland und Frankreich erklären sich bereit, rund ein Drittel der in Südeuropa gestrandeten Flüchtlinge aufzunehmen. Doch mehr als 100.000 sind noch übrig. Dänemark schaltet erst einmal eine Abschreckungskampagne, Großbritannien macht sein eigenes Ding.

In der EU kristallisiert sich trotz heftigem Streits um die genaue Verteilung langsam heraus, welche Staaten wie viele Flüchtlinge aufnehmen. Deutschland soll nach dem Willen der EU-Kommission weitere 31.443 Menschen aufnehmen. Dies ist gut ein Viertel der insgesamt 120.000 Flüchtlinge, die aus Griechenland, Italien und Ungarn umverteilt werden sollen, wie aus EU-Kreisen verlautete.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will an diesem Mittwoch offiziell seinen Plan für verbindliche Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen vorstellen. Insgesamt geht es um 160.000 Flüchtlinge. Im Mai war bereits angekündigt worden, 40.000 Flüchtlinge innerhalb der EU zu verteilen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel drang auf ein größeres Engagement der anderen EU-Staaten. "Wir brauchen eine Kraftanstrengung der Europäischen Union", sagte Merkel. Sie kündigte an, dass sie dazu "Einzelgespräche" führen wolle. Auch die geplante Rede Junckers werde gerade in den osteuropäischen Staaten eine "gewisse Dynamik" entfachen, sagte die Kanzlerin.

An diesem Dienstag will Merkel in Berlin den schwedischen Regierungschef Stefan Löfven empfangen. Schweden verzeichnete im Jahr 2014 gemessen an der Einwohnerzahl mit Abstand die meisten Asylanträge in der EU - und kämpft inzwischen mit wachsender Zustimmung für Rechtsextreme.

Frankreich nimmt 24.000 zusätzliche Flüchtlinge

Flüchtlinge gehen zu Fuß auf einer Autobahn in Dänemark. Das Land will einige zusätzlich aufnehmen, ist insgesamt aber wenig begeistert.

Flüchtlinge gehen zu Fuß auf einer Autobahn in Dänemark. Das Land will einige zusätzlich aufnehmen, ist insgesamt aber wenig begeistert.

(Foto: dpa)

Viele EU-Staaten insbesondere aus dem Osten wehren sich gegen die Zuweisung von Kontingenten. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban nannte solche Quoten verfrüht, solange die EU-Außengrenzen nicht kontrollierbar seien.

Frankreich ist Insidern zufolge bereit, wie von der EU-Kommission vorgesehen 24.000 zusätzliche Flüchtlinge über zwei Jahre aufzunehmen. "Das werden wir machen", sagte Präsident François Hollande. Der Staatschef zeigte sich zuversichtlich, dass die Flüchtlingskrise bewältigt werden könne. Bedingung sei allerdings auch, dass in den Ankunftsländern im Süden der EU Zentren für die Identifizierung der Migranten eingerichtet würden.

Großbritannien nimmt 20.000 Syrer auf

Großbritannien, das nicht Teil der Schengenzone ohne Grenzkontrollen ist, beteiligt sich nicht an dem Umverteilungsprogramm. Allerdings stellte Premier David Cameron in Aussicht, sein Land werden in den kommenden fünf Jahren 20.000 Menschen aufnehmen, die aus Syrien geflohen sind.

Es würden Menschen aus Lagern rund um die syrische Grenze ins Land geholt, sagte Cameron. Dabei solle ein Schwerpunkt auf Kindern und Waisen liegen. Die Flüchtlinge erhielten ein für fünf Jahre gültiges Visum. In den vergangenen vier Jahren hat das Land nach Regierungsangaben 5000 Syrern Asyl gewährt.

Dänemark startet Abschreckungskampagne

Die dänische Regierung zeigte sich trotz genereller Kritik bereit, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. "Wir sind kein Teil der europäischen Flüchtlingspolitik, aber wir sind ein Teil Europas. Deshalb müssen wir handeln", sagte der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen. Deutschlands Entscheidung, seine Grenzen zu öffnen, habe auch mehr Menschen nach Dänemark gebracht, sagte Rasmussen. Rund 400 Flüchtlinge, die seit Sonntag mit Zug und Fähre aus Deutschland gekommen seien, würden in Dänemark registriert, auch wenn sie nach Schweden weiterreisen wollten.

Dänemark schaltete zur Abschreckung von Flüchtlingen Anzeigen in mehreren libanesischen Zeitungen. In dem Text, der in drei arabischsprachigen Blättern und einer englischsprachigen Publikation erschien, wird darauf verwiesen, dass in Dänemark seit September ein verschärftes Asylrecht gilt. Die Sozialleistungen für Asylbewerber seien "um bis auf die Hälfte" verringert worden. Inhaber einer vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung hätten im ersten Jahr kein Anrecht auf Familienzusammenführung.

Um in Dänemark zu bleiben, müssten die Migranten und Flüchtlinge Dänisch verstehen und sprechen können, heißt es weiter. Wer keine Aufenthaltsgenehmigung bekomme, werde "schnell" abgeschoben. Die Minderheitsregierung von Rasmussens liberaler Partei Venstre war im Juni auch mit dem Wahlversprechen an die Macht gekommen, den Andrang von Flüchtlingen durch strengere Asylregeln kontrollieren zu wollen.

15.000 Neuankömmlinge auf Lesbos

Auf den griechischen Inseln ist die Lage unverändert dramatisch. Der für Einwanderung zuständige griechische Minister Yanis Musalas sieht die Insel Lesbos "einer Explosion nahe". Inzwischen seien mehr als 15.000 Flüchtlinge auf Lesbos eingetroffen, die meisten stammten aus Syrien, sagte Musalas. Die Insel hat selbst nur 85.000 Einwohner. Die örtlichen Behörden könnten die Situation kaum noch bewältigen. In Griechenland kamen dieses Jahr bereits mehr als 230.000 Flüchtlinge an.

Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP

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