Luftschläge in Libyen Ägypten meldet 50 Tote nach Angriffen auf IS
16.02.2015, 18:25 Uhr
Ein ägyptischer F-16-Kampfjet wird im Morgengrauen auf den Start in Richtung Libyen vorbereitet.
(Foto: AP)
Die ägyptische Luftwaffe nimmt Vergeltung für die Ermordung von 21 koptischen Christen und bombardiert Stellungen des IS in Libyen. Indes erntet die Terrororganisation sogar von anderen islamistischen Organisationen Kritik.
Nach der Enthauptung von 21 koptischen Christen durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat Ägypten erstmals Stellungen des IS in Libyen bombardiert. Kampfflugzeuge hätten Stützpunkte und Waffendepots der Extremisten bombardiert, teilte die ägyptische Armee mit. Der libysche Luftwaffenkommandeur Sakr al-Dscharuschi sagte, es seien mindestens 50 Menschen bei den Angriffen im östlichen Derna getötet worden.
Wieviele Zivilisten unter den Opfern sind, wurde bisher nicht bestätigt. In den sozialen Netzwerken kursieren zahlreiche Bilder von getöteten Kindern und Personen, die nicht eindeutig dem IS zuzuordnen sind.
Der IS hatte am Sonntag ein Video veröffentlicht, in dem 21 gefesselte Männer in orangefarbener Kleidung zu sehen sind, die von schwarzgekleideten IS-Kämpfern an einem Strand in der libyschen Provinz Tripolis entlanggeführt werden. Später wird die Enthauptung von mindestens zehn der Gefangenen gezeigt. Bei den Opfern handelt es sich dem libyschen IS-Ableger zufolge um im Januar entführte ägyptische Kopten, die zum Arbeiten nach Libyen gekommen waren.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi kündigte daraufhin eine "angemessene Reaktion" an. Das Außenministerium warnte, ohne eine "harte Intervention" in Libyen stellten die "Terrorgruppen" eine Bedrohung der internationalen Sicherheit dar. Die koptische Kirche ebenso wie die renommierte islamische Al-Ashar-Universität in Kairo verurteilten die Ermordung der Kopten. Solch eine Tat habe nichts mit einer Religion der menschlichen Werte zu tun, erklärte Al-Ashar.
Hamas kritisiert den IS
Auch die islamistische Hamas verurteilte die Tat. Es handele sich um ein "grauenvolles Verbrechen", das das "'Ansehen des Islam besudelt und gegen seine Prinzipien der Toleranz verstößt", erklärte die Organisation. Die Hamas betonte, in den Palästinensergebieten lebten Muslime und Christen seit Jahrhunderten zusammen, "weil der Islam ihnen Frieden und Sicherheit garantiert". Der Islam befehle "nur diejenigen zu töten, die uns töten, uns angreifen oder gegen unsere Rechte verstoßen".

Die Aufnahme des ägyptischen Militärs soll den Einschlag eines Flugkörpers in einem Gebäude in Derna zeigen.
(Foto: AP)
Die ägyptische Regierungszeitung "Al-Akhbar" titelte: "Rache ist auf dem Weg." Die Luftwaffe flog am Montag mindestens sieben Luftangriffe auf die Küstenstadt Derna im Osten Libyens. Das Gebiet gehört zu den Hochburgen der Islamisten. Es war das erste Mal, dass Ägypten offiziell Luftangriffe auf Islamisten im Nachbarland flog. Medienberichten zufolge hatte Ägypten zuvor bereits den Vereinigten Arabischen Emiraten erlaubt, Flughäfen für Angriffe auf IS-Kämpfer in Libyen zu nutzen.
Der libysche Luftwaffenkommandeur al-Dscharuschi sagte im ägyptischen Fernsehen, Ägypten habe "das Recht, seine Kinder zu verteidigen". Bei den Angriffen in Derna seien mindestens 50 Menschen getötet worden. Es gebe eine enge Koordination zwischen der libyschen und der ägyptischen Luftwaffe, sagte al-Dscharuschi. Die Streitkräfte der international anerkannten Regierung liegen selbst im Konflikt mit den islamistischen Milizen, die Teile Libyens kontrollieren.
Gegenparlament kritisiert Luftangriffe
Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Herbst 2011 herrschen in Libyen Chaos und Gewalt mit zwei rivalisierenden Regierungen. Das libysche Parlament, das ebenso wie die Regierung vor den Islamisten ins östliche Tobruk geflohen ist, erklärte Kairo sein Beileid für die Ermordung der Kopten. Das von Islamisten eingesetzte Gegenparlament in Tripolis verurteilte dagegen die ägyptischen Angriffe als "Aggression" und als "Verletzung der nationalen Souveränität".
International wurde die Ermordung der Kopten allgemein verurteilt. Der UN-Sicherheitsrat rief die Mitgliedsstaaten auf, derartige Bedrohungen des Friedens "mit allen Mitteln" zu bekämpfen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Enthauptungen. Frankreichs Präsident François Hollande und al-Sisi forderten nach einem Telefonat eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats, um über "neue Maßnahmen" gegen die Bedrohung durch die Dschihadisten zu beraten.
Quelle: ntv.de, bdk/AFP