Verdacht auf Industriespionage Airbus stellt Anzeige im BND-Skandal
30.04.2015, 21:39 Uhr
Auch Jean-Claude Jucker - der Kanzlerin eigentlich wohlgesonnen - erwartet Aufklärung.
(Foto: dpa)
Im BND-Skandal wächst der Druck auf das Kanzleramt gewaltig. EU-Kommissionspräsident Juncker erwartet Aufklärung, in der Opposition brodelt es und der Airbus-Konzern, ein mutmaßliches Opfer der Spionage, stellt nun Strafanzeige.
Die mutmaßliche Ausspähung europäischer Unternehmen durch den US-Geheimdienst NSA hat ein juristisches Nachspiel. Ein Airbus-Sprecher kündigte am Donnerstag an, dass der Flugzeug- und Rüstungskonzern wegen des Verdachts der Industriespionage Strafanzeige gegen Unbekannt stellen wird.
Und auch die EU erhöht den Druck auf das Kanzleramt: "Das muss von den deutschen Behörden, einschließlich dem Parlament, gelöst werden", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel. Der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus will Strafanzeige wegen des Verdachts der Industriespionage stellen.
Juncker antwortete mit einem knappen "Ja" auf die Frage, ob er dem Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel zustimme, wonach Ausspähen unter Freunden gar nicht gehe. Das französische Außenministerium wollte zu den Berichten keine Stellung nehmen. Ein Sprecher erklärte lediglich: "Wir stehen bei diesem Thema mit unseren deutschen Partnern in engem Kontakt." Der bekannte Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon forderte allerdings Ermittlungen in Frankreich - und eine Entschuldigung von Kanzlerin Merkel.
SPD sorgt sich um deutsch-französische Beziehungen
Deutschen Medienberichten zufolge hat der Bundesnachrichtendienst (BND) der NSA jahrelang geholfen, unter anderem die französische Regierung und die EU-Kommission auszuspionieren. Entgegen bestehender Absprachen wollte die NSA angeblich die Hilfe des BND auch beim Ausspähen von Unternehmen befreundeter Länder in Anspruch nehmen, darunter der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS, die heutige Airbus Group. Das Kanzleramt soll davon gewusst haben.
Airbus habe zu den Vorwürfen gegen die NSA und den BND keine eigenen Erkenntnisse oder Informationen, teilte ein Konzernsprecher mit. "Wir werden jetzt Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Industriespionage stellen". Außerdem habe der Konzern "die Bundesregierung um Auskunft gebeten".
SPD-Fraktionsvize Mützenich warnte im "Kölner Stadt-Anzeiger" vor einer Beschädigung der deutsch-französischen Beziehungen: "Sollte sich herausstellen, dass Partner gezielt, allein aus Gründen wirtschaftlicher Interessen und des Informationsvorsprungs ausspioniert wurden, wird dies zu Belastungen im bilateralen, aber auch im innereuropäischen Verhältnis führen." Die politisch Verantwortlichen müssten jetzt gegenüber dem Parlament wahrheitsgemäß Auskunft erteilen.
Neue Akteure im Skandal
Der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek, forderte das Kanzleramt ebenfalls auf, "alle Fakten auf den Tisch zu legen". Das Parlament wisse "momentan relativ wenig" über die Affäre, sagte Flisek im ZDF-"Morgenmagazin". Das Bundeskanzleramt müsse dem Untersuchungsausschuss sämtliche Dokumente zur Einsicht geben.
Neben Bundesinnenminister Thomas de Maizière rücken auch weitere ehemalige Chefs des Kanzleramts in den Fokus - etwa der heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier oder Ronald Pofalla. De Maizière soll am kommenden Mittwoch vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages aussagen.
Der Unions-Obmann im Innenausschuss, Armin Schuster, sagte im Deutschlandfunk, vor diesem Termin sei es noch zu früh, über mögliche Konsequenzen zu reden. Linken-Fraktionsvize Jan Korte sprach von einer "Krise der parlamentarischen Demokratie" und forderte eine Regierungserklärung Merkels. Die Linke wirft der Bundesregierung vor, auf zwei Anfragen zur BND-Affäre unwahr geantwortet zu haben.
Der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, sagte im Deutschlandfunk, das Parlament habe eine Kontrollfunktion und müsse deshalb ehrliche Antworten bekommen. Seinen Erkenntnissen zufolge müsste die Bundesregierung bereits seit 2005 von der Übergriffigkeit der NSA gewusst haben.
Quelle: ntv.de, bdk/AFP/rts