Flüchtlingslager in Österreich Amnesty prangert dramatische Zustände an
14.08.2015, 19:59 Uhr
Die Situation für Flüchtlinge in Traiskirchen ist dramatisch.
(Foto: picture alliance / dpa)
Flüchtlinge müssen im Freien schlafen, Männer und Frauen zusammen duschen, und medizinische Betreuung existiert so gut wie gar nicht. Die Situation in Traiskirchen ist offenbar "katastrophal". Amnesty fordert Österreich auf, sofort zu handeln.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Zustände im größten österreichischen Flüchtlingslager scharf kritisiert. In Traiskirchen bei Wien würden Flüchtlinge unmenschlich behandelt, sagte der Generalsekretär von Amnesty Österreich, Heinz Patzelt.
Von den rund 4000 Menschen dort mussten bis zu 1500 im Freien schlafen, darunter Schwangere und Frauen mit kleinen Kindern. Die Toiletten seien in einem fürchterlichen Zustand, die Duschen müssten von Männern und Frauen gemeinsam genutzt werden, es gebe lediglich Nischen ohne Vorhänge.
Medizinische Betreuung fehlt
Auch die medizinische und psychologische Betreuung sei "katastrophal", sagte Patzelt. Es gebe nur vier Ärzte, die mit Kontrolluntersuchungen weitgehend ausgelastet seien. Viele der Menschen seien jedoch traumatisiert, wiesen Folterspuren auf und bräuchten engere Betreuung.
Ein großes Problem sei auch, dass unbegleitete Minderjährige in dem Lager sich selbst überlassen würden. "Hier werden mehrere Menschenrechtskonventionen, etwa die UN-Kinderrechtskonvention, verletzt", sagte Patzelt. Ein Amnesty-Team hatte das Aufnahmezentrum Anfang August einen Tag lang geprüft.
Aufnahmestop besteht bereits
Die Missstände sind den Behörden bekannt: Die Situation sei "prekär", hieß es kürzlich in einer Stellungnahme des Innenministeriums. Vor zwei Wochen hatte die Regierung in Wien entschieden, keine weiteren Flüchtlinge mehr in Traiskirchen aufzunehmen. Angesichts des Widerstandes der Bundesländer, mehr Asylsuchende zu empfangen, könnte Wien diesen bald Aufnahmequoten auferlegen.
In der Alpenrepublik mit ihren etwa 8,5 Millionen Einwohnern kommen derzeit täglich mehrere hundert Flüchtlinge vor allem aus den Transitländern Serbien und Ungarn an. In diesem Jahr rechnet Österreich mit mehr als 80.000 Flüchtlingen - im vergangenen Jahr waren es 28.000. Die meisten Menschen sind über die Türkei aus Syrien, dem Irak und Afghanistan geflohen.
Der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos erklärte, die Welt erlebe derzeit "die schlimmste Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg".
Quelle: ntv.de, jgu/dpa/AFP