Wirtschaft dringt auf Einigung Ampel-Spitze unterbricht Haushaltsgespräche erneut
12.12.2023, 07:41 Uhr Artikel anhören
Die Tage sind lang, doch der Durchbruch fehlt bisher.
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Die Haushaltskrise ist noch immer nicht gelöst, die Spitzen der Ampel-Koalition unterbrechen ihre Gespräche erneut. Das versetzt Wirtschaftsvertreter in Aufruhr, die Hängepartie bereitet große Sorge.
Die Spitzen der Ampel-Koalition haben ihre Gespräche über den Haushalt 2024 am späten Montagabend erneut unterbrochen. In Regierungskreisen hatte es geheißen, dass man vorangekommen sei. Einzelheiten wurden nicht bekannt. Die Verhandlungen sollen am Dienstagmorgen fortgesetzt werden.
Kanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Vizekanzler Robert Habeck versuchen, eine Lösung für die Haushaltslücke zu finden, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts entstanden ist. Es geht um ein 17 Milliarden Euro großes Loch im Etat 2024 sowie darum, in den nächsten Jahren Investitionen für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft zu ermöglichen. Die SPD hatte am Wochenende eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse gefordert, die FDP lehnt dies bislang ab und setzt vor allem auf Einsparungen.
Scholz hatte sich am Montag zuversichtlich geäußert, bald ein Ergebnis präsentieren zu können. Auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil rechnet nun mit einer schnellen Einigung. "Ich bin zuversichtlich, dass wir jetzt auch in den nächsten Tagen wirklich diese schwere Lücke im Haushalt irgendwie füllen werden", sagte er am Abend in der Sendung "RTL Direkt". Auf die Frage, ob dies auch Einsparungen im sozialen Bereich beinhalte, räumte Klingbeil ein: "Wir wissen, dass wir als SPD unseren Beitrag leisten müssen. Also auch Dinge, die für uns wichtig sind. (...) Natürlich müssen Sparleistungen bei allen erbracht werden."
"Unternehmen mit Geduld am Ende"
Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft fordern, den Streit rasch zu lösen. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte, Einsparungen von 17 Milliarden Euro bei einem Bundeshaushalt von rund 470 Milliarden Euro müssten lösbar sein. "Wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Wir haben auch keine Haushaltskrise, sondern eine Entscheidungskrise mit mangelnder Kompromissbereitschaft", sagte er. "Das schürt Unsicherheit und steigert nur die Unzufriedenheit mit der Demokratie."
Dulger sprach sich auch gegen die Aussetzung der Schuldenbremse aus. Nicht die Schuldenbremse sei das Problem, sondern die hohen Ausgaben und die Reformmüdigkeit. Es komme auf eine kluge Priorisierung von Ausgaben an. "Der für das kommende Jahr vorgelegte Bundeshaushalt sieht aber mehr als fünfmal so hohe Ausgaben für Soziales, Personal und Zinsen vor wie für Investitionen. Das ist zu viel für Konsum und zu wenig für die Zukunft. Diese Schieflage im Haushalt muss beendet werden."
Auch Industriepräsident Siegfried Russwurm forderte die Koalition zu einer schnellen und tragfähigen Lösung für den Haushalt 2024 auf. Die Verunsicherung in der Industrie sei bereits groß. "Es wird weniger investiert in Deutschland. Viele Unternehmen sind mit ihrer Geduld am Ende."
Ähnlich äußerte sich der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian. Ihm zufolge sei die Bundesregierung in einer wirklich schwierigen Situation. "Aus Sicht der Wirtschaft muss ich sagen: Wir haben aufgrund der wirtschaftlichen Lage mit den hohen Energiepreisen und unklaren Rahmenbedingungen ohnehin bereits eine sehr große Verunsicherung bei den Unternehmen quer durch nahezu alle Branchen verspürt." Das habe jetzt aber noch mal weiter zugenommen, weil der fiskalische Rahmen ungewiss sei. "Keiner weiß aktuell, wo der Zug künftig hinfährt. Das lässt sich sowohl am Innovationsklima, als auch am Investitionsklima in Deutschland ablesen."
Quelle: ntv.de, ara/rts/dpa