Krawalle mit über 80 Verletzten Ban: Abbas und Netanjahu müssen reden
24.10.2015, 01:27 Uhr
Nahe Nablus warfen Palästinenser Steine auf israelische Polizisten.
(Foto: dpa)
Während das Nahost-Quartett in Wien berät, gibt es bei neuen Zusammenstößen in den Palästinensergebieten dutzende Verletzte. Die USA, Russland, die EU und die UN fordern von Israelis und Palästinensern das Ende der Provokationen.
Die USA, Russland, die EU und die Vereinten Nationen haben Israelis und Palästinenser angesichts der jüngsten Eskalation der Gewalt zu größter Zurückhaltung aufgefordert. Das sogenannte Nahost-Quartett sei wegen der zunehmenden Spannungen in der Region extrem besorgt, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Wien mit. Beide Seiten müssten provozierende Äußerungen und Handlungen unterlassen, sagte sie.
Das Quartett forderte die Verantwortlichen auf, Schritte in Richtung einer Zwei-Staaten-Lösung zu unternehmen. Zudem sollten Vertreter des Quartetts in die Region reisen, um direkt mit den Verantwortlichen zu sprechen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu "dringend" zu einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf, um eine Beruhigung der angespannten Lage zu erreichen. Es gebe keine Alternative zu direkten Gesprächen, sagte er nach der Rückkehr von seiner Nahost-Reise in New York.
Tempelberg wieder für alle offen
Am Tempelberg in Jerusalem deutete sich derweil eine Entspannung an: Erstmals nach vier Wochen hat Israel wieder palästinensischen Gläubigen jeden Alters den Zutritt zum Freitagsgebet auf dem Jerusalemer Tempelberg gestattet. Tausende Muslime strömten zur Al-Aksa-Moschee. In den Palästinensergebieten kam es jedoch erneut zu Zusammenstößen zwischen jugendlichen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften, mehr als 80 Menschen wurden verletzt.
Die Aufhebung des zuletzt geltenden Verbots für palästinensische Männer unter 40 Jahren, den Tempelberg mit der Al-Aksa-Moschee zu betreten, gehörte offenbar zu den "konstruktiven Vorschlägen", die US-Außenminister John Kerry und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Donnerstag in Berlin erörtert hatten. Der Streit um den für Muslime und Juden heiligen Tempelberg im israelisch besetzten Ostteil Jerusalems ist eine wichtige Ursache der aktuellen Unruhen.

Verletzter Palästinenser nach Zusammenstößten mit israelischen Polizisten am Erez-Übergang.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Die Palästinenser befürchten, dass die israelische Regierung schrittweise die Nutzungsrechte auf dem Tempelberg ändern will, was Netanjahu aber bestreitet. Nach der derzeitigen Regelung dürfen Juden - wie andere nichtmuslimische Besucher - den Tempelberg zwar zu bestimmten Zeiten besichtigen, aber dort nicht beten.
Nach der Lockerung der Zugangsbeschränkung beteten am Freitag rund 25.000 Muslime auf dem Tempelberg, wie der Leiter der für die Verwaltung des Tempelbergs zuständigen Stiftung, Scheich Assam al-Chatib, sagte. Normalerweise nehmen dort bis zu 15.000 Gläubige am Freitagsgebet teil.
Gewalt hält an
Nach Aufrufen zu einem erneuten "Tag des Zorns" an der Grenze zum Gazastreifen bewarfen jugendliche Demonstranten israelische Soldaten mit Steinen. Nach Angaben von palästinensischen Rettungskräften wurden 65 Menschen durch Schüsse der Israelis verletzt, darunter drei Journalisten und vier Sanitäter. Bei Zusammenstößen im besetzten Westjordanland gab es demnach rund 20 Verletzte.
Im Westjordanland verübte am Freitagmorgen zudem erneut ein Palästinenser eine Messerattacke. Er ging nach Armeeangaben südlich von Bethlehem auf einen israelischen Soldaten los und verletzte ihn leicht. Andere Soldaten schossen auf den 17-jährigen Angreifer und verletzten ihn nach Angaben von Ärzten schwer. Eine Israelin und ihre vier und elf Jahre alten Töchter wurden nach Armeeangaben verletzt, als ein Brandsatz auf ihr Auto flog.
Bei der Gewaltwelle wurden seit Anfang Oktober acht jüdische Israelis getötet und rund 25 Angreifer erschossen. Rund 25 weitere Palästinenser wurden im gleichen Zeitraum bei gewaltsamen Protesten getötet. Außerdem wurden ein jüdischer Israeli und ein Eritreer getötet, die fälschlicherweise für Attentäter gehalten wurden.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP