"Das wäre verantwortungslos" Bartsch sorgt sich um "Existenz" der Linksfraktion
08.08.2023, 11:32 Uhr Artikel anhören
Bartsch warnt vor dem Ende der Linken-Fraktion.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Trotz des Abgangs von Mohamed Ali will ihr Co-Fraktionschef Bartsch nichts von einer Spaltung der Linkspartei hören. Er macht aber klar, dass Austritte den Fortbestand drastisch gefährden würden. Für ein geeintes Auftreten brauche es auch Wagenknecht, heißt es derweil aus der Partei.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat Abgeordnete davor gewarnt, mit Austritten aus der Fraktion deren Fortbestand zu gefährden. "Die Sorge, dass die Existenz der Bundestagsfraktion durch Austritte beendet wird, gibt es", sagte Bartsch dem "Tagesspiegel". "Wenn drei Abgeordnete unsere Fraktion verlassen, muss die Fraktion nach gesicherter Rechtsprechung liquidiert werden. Das wäre verantwortungslos." Er führt die Fraktion seit 2015 als einer von zwei Co-Vorsitzenden, zuletzt mit Amira Mohamed Ali. Ihr Rückzug markiere kein Auseinanderfallen seiner Partei, sagte Bartsch trotz alledem. "Es wird keine Spaltung der Linken geben. Wir sind in unserer Kernsubstanz stabil. Ich will, dass die Linke gemeinsam agiert", sagte Bartsch. Eine Spaltung der Linken stärke nur Konservative und Rechte.
Bartsch rechnet nicht damit, dass Mohamed Ali bei der Gründung einer Wagenknecht-Partei mitmachen werde. "Amira will weiter im Bundestag arbeiten. Sie gehört, wie Sahra Wagenknecht, unserer Bundestagsfraktion an. Aktuell bereiten Amira Mohamed Ali und ich die Klausur unserer Fraktion vor", sagte er dem "Tagesspiegel". Mohamed Ali hatte am Sonntag angekündigt, sie werde bei der Vorstandswahl im September nicht mehr kandidieren. Ihre Aufgabe, "den Kurs der Partei, allen voran der Parteiführung, in der Öffentlichkeit zu stützen und zu vertreten", sei ihr "zunehmend schwer" gefallen. Mittlerweile sei es ihr "unmöglich".
Einen Verbleib in Partei und Fraktion lässt sie weiter offen. "Ich bin Mitglied der Partei Die Linke, das ist der jetzige Stand, und was die Zukunft bringt, das wird man sehen", sagte Mohamed Ali im Deutschlandfunk. Sie sei angetreten für bestimmte politische Inhalte, für diese sei sie gewählt worden und für diese stehe sie auch. "Das ist meine Richtschnur, und das ist mir wichtig." Die Entwicklung der Partei habe sie bei Amtsantritt nicht vorausgesehen, sie habe sich eine andere Entwicklung gewünscht. Wagenknecht hat sich mit der Parteispitze in einem Richtungsstreit überworfen und erwägt die Gründung einer eigenen Partei. Anhänger könnten ihr folgen.
Riexinger fordert grundlegende Korrekturen
Unterdessen forderte der ehemalige Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, weitere grundlegende Korrekturen. "Das bisherige Gebilde wird nicht aufrechtzuerhalten sein", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland mit Blick auf die Koalition von Anhängern des Reformflügels um den Co-Fraktionsvorsitzenden Bartsch und des Flügels um die ehemalige Fraktionsvorsitzende Wagenknecht, dem auch Mohamed Ali angehört.
"Es muss nun eine offene Diskussion darüber geben, wie es weitergehen soll." Bei der Klausurtagung Anfang September bestehe dazu Gelegenheit. "Ich hoffe, die Fraktion wählt eine Führung, die eng mit der Parteispitze kooperiert. Dass das bisher nicht passiert ist, war Teil unserer Misere", sagte Riexinger. "Wir können dann am besten auf die Füße kommen, wenn es eine gemeinsame Politik von Partei- und Fraktionsführung gibt."
Pellmann: Gemeinsam heißt auch mit Wagenknecht
Damit die Konflikte in seiner Partei beigelegt werden könnten, forderte Linken-Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann darüber hinaus einen Parteikonvent. "Da ist mein Aufruf an den Parteivorstand und an die Fraktion, sich zusammenzuraufen und zu einem Parteikonvent zusammenzufinden, noch vor der Neuwahl des Fraktionsvorstandes und vor dem Bundesparteitag, der im Herbst stattfindet", sagte Pellmann dem Mitteldeutschen Rundfunk. Er mahnte ein geeintes Auftreten an. "Gemeinsam heißt, dass alle in der Partei - und damit meine ich auch Sahra Wagenknecht - zusammenwirken, damit es wieder eine starke Linke gibt", betonte der Leipziger Abgeordnete.
Aktuell gebe es aber auf beiden Seiten wenig Gesprächsbereitschaft. "Man soll und muss Gesprächsangebote wahrnehmen, das geht in beide Richtungen, aber insbesondere auch in Richtung Parteivorstand", mahnte er. Auch im ZDF-"Morgenmagazin" zeigte Pellmann sich alarmiert: "Ich bin davon überzeugt, dass wir derzeit in einer historisch schwierigen Situation für die Linke sind." Er beteuerte zugleich, sich einer möglichen neuen Partei von Wagenknecht nicht anschließen zu wollen.
Quelle: ntv.de, ysc/dpa/AFP