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Not-Kapazitäten werden gesucht Bayern fordert Hilfe bei Flüchtlingen

Dieses Mädchen kommt aus Bagdad - am Münchner Hauptbahnhof freut es sich über ein Eis.

Dieses Mädchen kommt aus Bagdad - am Münchner Hauptbahnhof freut es sich über ein Eis.

(Foto: dpa)

"Der Zugang von Asylbewerbern explodiert derzeit", sagt Bayerns Sozialministerin. An einem Tag kommen in München 1500 Menschen an, Tausende weitere werden erwartet. Das Land bittet um Hilfe. Doch es werden auch Vorwürfe gegen Ungarn und Österreich laut.

Angesichts der dramatisch steigenden Asylbewerberzahlen und der ungehinderten Einreise von Flüchtlingen aus Ungarn fordert Bayern dringend die Unterstützung aller anderen Bundesländer. "Bayern kann das alleine nicht mehr schaffen", sagte Sozialministerin Emilia Müller von der CSU in Manching bei Ingolstadt, wo sie ein Zentrum für Asylbewerber ohne Bleiberecht eröffnete.

"Der Zugang von Asylbewerbern explodiert derzeit." Im Schnitt seien zuletzt schon knapp 2000 Menschen pro Tag in Bayern angekommen, berichtete Müller. Nun seien es allein in München binnen eines Tages 1500 gewesen, davon 700 bis 800 in Zügen aus Ungarn. Diese würden nun in Bussen in ganz Bayern verteilt - wobei inzwischen zusätzliche Busse geordert worden seien. Außerdem habe Baden-Württemberg bereits Unterstützung zugesagt, berichtete Müller.

Nach Angaben der Bundespolizei wurde in Bayern seit Montagmorgen die Rekordzahl von 3500 neu angekommenen Flüchtlingen registriert. Demnach schnellte die Zahl mit der Ankunft der Flüchtlings-Züge aus Ungarn in die Höhe. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter von der SPD zeigte sich aber überzeugt, dass alle Ankommenden in der Landeshauptstadt vorübergehend verpflegt und untergebracht werden können. Er lobte die Hilfsbereitschaft der Münchner und den Einsatz ehrenamtlicher Helfer.

Die Münchner Polizei rief die Bürger allerdings auf, keine Hilfsgüter mehr für die Flüchtlinge zum Hauptbahnhof zu bringen. "Wir sind überwältigt von den vielen Hilfsgütern der Münchner für die Flüchtlinge", twitterte die Polizei. "Bitten euch aktuell keine Sachen mehr zu bringen."

Tausende Flüchtlinge warten noch

Die Stadt München stellte nach Angaben der Regierung von Oberbayern mittlerweile eine Halle in der Nähe des Hauptbahnhofs für neu ankommende Flüchtlinge bereit. Zudem bemühe man sich in der Stadt und den anliegenden Kreisen um Not-Kapazitäten, sagte eine Sprecherin. Und mit der Bahn werde über Möglichkeiten für eine unbürokratische Weiterreise der Flüchtlinge in andere Bundesländer verhandelt.

In Salzburg warteten rund 1000 Flüchtlinge auf ihre Weiterreise nach Deutschland, wie Müller berichtete. Weitere stünden in Wien auf den Bahnhöfen. In Ungarn warteten noch einmal rund 5000 Menschen. Müller forderte eindringlich, dass alle EU-Staaten ihren Beitrag leisten und ihre Pflicht tun müssten. "Bayern kann nicht die Registrierung für ganz Europa machen." Ansonsten müsse der Freistaat über noch stärkere Kontrollen an den eigenen Grenzen nachdenken.

Die ungarischen Behörden öffneten derweil nach einer zweistündigen Totalsperrung wieder den Budapester Ostbahnhof für Reisende. Allerdings kontrollierte die Polizei die Eingänge zum Bahnhof und ließ keine Migranten mehr herein. Zuvor hatte die Polizei den von Flüchtlingen bedrängten Ostbahnhof geräumt.

EU soll Ungarn bestrafen

Am Montag hatte die Polizei überraschend auf die Bahnsteigkontrollen verzichtet. Mit diesen Kontrollen sollten Reisende ohne gültiges Visum für Österreich oder Deutschland daran gehindert werden, in die internationalen Züge einzusteigen. Daraufhin waren im Laufe des Montags rund 2000 Flüchtlinge mit Zügen über Wien in Richtung München gefahren. Erst Dienstagmorgen führte die Polizei wieder Bahnsteigkontrollen durch und ließ keine Flüchtlinge in die Züge. Unter den bis zu 2000 Flüchtlingen im Bereich des Bahnhofs kam es daraufhin zu kleineren Tumulten.

Der CDU-Politiker Gunther Krichbaum forderte die EU-Kommission auf, Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn und Österreich zu prüfen. "Es ist skandalös, dass Flüchtlinge nun ungeprüft und ohne Ausweiskontrolle nach Deutschland kommen", sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses. "Es handelt sich ganz offensichtlich um einen Bruch der Dublin-Vereinbarung. Und die EU-Kommission muss als Hüterin der Verträge aktiv werden", sagte Krichbaum. Die EU-Kommission drohte Mitgliedstaaten bereits neue Strafverfahren wegen Verstößen gegen gemeinsame Asylregeln an.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die EU-Kommission zum Handeln auf: Europa brauche eine gemeinsame Asylpolitik - mit Registrierungszentren für Flüchtlinge in Griechenland und Italien, einer einheitlichen Einstufung sicherer Herkunftsländer und fairen Verteilung von Asylbewerbern auf alle 28 EU-Mitgliedstaaten. Nach der Dublin-Verordnung ist eigentlich derjenige Mitgliedstaat für das Verfahren eines Asylbewerbers zuständig, in dem dieser erstmals europäischen Boden betreten hat.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts

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