Premier droht mit Veto Belgien stellt Bedingungen an Verwendung russischen Vermögens
23.10.2025, 12:52 Uhr Artikel anhören
De Wever warnt vor einer möglichen Beschlagnahmung von Vermögenswerten europäischer Unternehmen in Russland.
(Foto: AP Photo/Geert Vanden Wijngaert)
Die EU behält seit Kriegsbeginn 140 Milliarden Euro von russischen Unternehmen eingefroren. Der Großteil davon liegt bei Euroclear in Belgien. Nun soll das Geld als Sicherheit für einen Kredit an die Ukraine genutzt werden. Doch der belgische Premierminister sieht Risiken und stellt sich quer.
In der Debatte um die Nutzung von in der EU eingefrorenem russischen Staatsvermögen für die Ukraine droht Belgien mit einer Blockade. Wenn seine Forderungen nicht erfüllt würden, werde er alles in seiner Macht Stehende tun, um eine entsprechende Entscheidung zu verhindern, sagte der belgische Premierminister Bart De Wever beim EU-Gipfel in Brüssel vor Beginn der Diskussionen mit den anderen Staats- und Regierungschefs der EU. Das bedeute "auf europäischer wie auf nationaler Ebene, politisch und juristisch".
Belgien ist bei dem Thema ein zentraler Akteur, weil das belgische Finanzinstitut Euroclear derzeit einen großen Teil der in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte verwaltet. Bundeskanzler Friedrich Merz und andere EU-Spitzen wollen diese als Sicherheit für Darlehen im Umfang bis zu 140 Milliarden Euro an die Ukraine als Sicherheit nutzen. Ein formaler Vorschlag der EU-Kommission dafür steht noch aus.
Als Bedingung für seine Zustimmung fordert De Wever eine vollständige Vergemeinschaftung des Risikos. Darüber hinaus wolle Belgien Garantien, dass "falls das Geld zurückgezahlt werden muss, alle Mitgliedstaaten sich beteiligen". Weiterhin fordert der flämische Politiker Transparenz und gemeinsames Handeln von allen anderen Ländern, die Vermögenswerte blockiert hätten. Er warnte zudem vor einer möglichen Beschlagnahmung von Vermögenswerten europäischer Unternehmen in Russland.
Ersten Vorschlägen zufolge soll Russland das Geld nur dann zurückbekommen, wenn es nach einem Ende des Krieges gegen die Ukraine Reparationszahlungen leistet. Für den Fall, dass die eingefrorenen russischen Gelder unerwartet wieder freigegeben werden müssen, sollen die EU-Staaten den Plänen von Merz zufolge Garantien leisten. Bislang werden nur die Zinsen des festgesetzten Geldes zur Unterstützung der von Moskau angegriffenen Ukraine genutzt.
Unternehmer fürchten Geldverluste
Auch in deutschen Unternehmerkreisen wird Kritik laut. Die Verwendung von russischem Vermögen werde teure Folgen speziell für Deutschland haben, warnte der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp. "Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren", sagte er. Zusammengerechnet sei Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr, so Schepp.
Dabei gehe es um den Wert deutscher Fabriken und Ladenketten. Betroffen seien aber auch Unternehmen in den Bereichen Energie, Pharma und Haushaltsgeräte, die Moskau unter Fremdverwaltung gestellt habe, oder Geld, das Russland seinerseits auf Konten eingefroren habe.
Tatsächlich hat Russland beispielsweise die Kontrolle über die russischen Tochtergesellschaften der deutschen Energiefirmen Uniper und Wintershall übernommen. Moskau stellte dies als Reaktion auf die Treuhandverwaltung etwa der zu Rosneft gehörenden Raffinerien in Deutschland dar.
Ausländische Unternehmen, die ihre Fabriken in Russland nach Beginn der von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Invasion der Ukraine verkauft haben, mussten die Erlöse auf ein Sperrkonto einzahlen. Darauf haben sie nur begrenzt Zugriff - beispielsweise zur Zahlung von Steuern. Offiziell gehören all diese Vermögenswerte aber noch deutschen Unternehmen. "Dass diese Gelder in der Kasse des Kremls landen, liegt nicht im Interesse Deutschlands und seiner Steuerzahler", betonte Schepp.
Quelle: ntv.de, mpa/dpa