Politik

"Vernichtungskrieg in Namibia" Bundesregierung bekennt sich zu Völkermord

Selbst in Namibia überragen die Denkmäler für die Kolonialherren von einst, die Mahnmale für die Opfer.

Selbst in Namibia überragen die Denkmäler für die Kolonialherren von einst, die Mahnmale für die Opfer.

(Foto: picture alliance / dpa)

Jahrzehntlang hatte sich die deutsche Regierung geweigert, die Verbrechen deutscher Kolonialtruppen im heutigen Namibia als Völkermord anzuerkennen. Ab sofort gilt eine neue Sprachregelung.

Die Bundesregierung will die Massaker deutscher Truppen vor mehr als 100 Jahren im heutigen Namibia künftig als "Völkermord" bezeichnen. Dazu ist nach Angaben des Auswärtigen Amts eine gemeinsame Erklärung mit Namibia geplant, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika. In der Kolonie des deutschen Kaiserreichs ermordete das Militär zwischen 1904 und 1908 Zehntausende Herero und Nama. Die Kolonialherrschaft ging vor fast genau 100 Jahren zu Ende, am 9. Juli 1915.

Nach Angaben des Auswärtigen Amts gilt für die Bundesregierung nun der Satz: "Der Vernichtungskrieg in Namibia von 1904 bis 1908 war ein Kriegsverbrechen und Völkermord." Diese Formulierung stammt aus einem Antrag, den Außenminister Frank-Walter Steinmeier 2012 als SPD-Fraktionschef in den Bundestag eingebracht hatte.

Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, sagte, dies sei "politische Leitlinie" und auch Grundlage für die laufenden Gespräche mit Namibia. Der Ministeriumssprecher ließ offen, ob es auch eine förmliche deutsche Entschuldigung geben wird. Die Bundesregierung bekenne sich aber ausdrücklich zur "besonderen historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Namibia und seinen Bürgern". Zum Stand der Verhandlungen sagte er: "Die Gespräche laufen sehr konstruktiv und sind gut vorangekommen, aber noch nicht abgeschlossen." Darin geht es neben der Frage der Anerkennung auch um finanzielle Entschädigung.

Armenien-Gedenken entfachte Debatte

Die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach von deutscher Schuld und Verantwortung für das Schicksal der Herero und Nama gesprochen, den Begriff Völkermord aus Sorge vor Entschädigungsansprüchen jedoch vermieden. Dieser Verantwortung für die deutschen Verbrechen wollte die Bundesrepublik bislang ausschließlich durch verstärkte Entwicklungshilfe für Namibia gerecht werden.

Die Debatte über das Verhalten der Deutschen in Namibia war durch den 100. Jahrestag des Genozids an den Armeniern im Osmanischen Reich neu entfacht worden, der im April begangen wurde. Kritik kam auf, da der Bundestag und zahlreiche deutsche Politiker die Türkei zu einem Bekenntnis zum Verbrechen des damaligen Osmanischen Reichs forderten, zum deutschen Völkermord in Namibia jedoch schwiegen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte diese Woche bereits in der Wochenzeitung "Die Zeit" geschrieben: "An den heutigen Maßstäben des Völkerrechts gemessen war die Niederschlagung des Herero-Aufstands ein Völkermord."

Quelle: ntv.de, mbo/dpa

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