Kreise erster und zweiter Klasse CSU beginnt das Maut-Theater
19.07.2014, 14:04 Uhr
Bayerns Innenminister will Grenzbewohner von der Maut-Pflicht befreien.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wenige Wochen nach der Präsentation der Maut-Pläne beginnt die Debatte über eine Abschwächung des Vorhabens: So will Bayerns Innenminister Autofahrer grenznaher Landkreise verschonen. CSU-Chef Seehofer kritisiert den Vorstoß scharf.
Erste Akt im Sommer-Theater um die Pkw-Maut-Pläne: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann fordert Ausnahmen für die Grenzregionen - und fängt sich prompt verbale Ohrfeigen aus den eigenen Reihen. "Alle Landkreise entlang der Grenzen, in Bayern also nach Österreich, Tschechien und der Schweiz, könnten von der Mautregelung ausgenommen werden", schlug der CSU-Politiker in der "Welt am Sonntag" vor. Für den Vorschlag gab es jedoch umgehend einen scharfen Rüffel von CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Zudem erneuerte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Zweifel am Pkw-Maut-Konzept.
Herrmann begründete seinen Vorschlag zu Ausnahmen damit, dass der kleine Grenzverkehr unbeeinträchtigt bliebe. "Die Maut wäre dann erst ab dem nächsten Landkreis fällig", sagte er. Damit reagierte der Landespolitiker auf Kritik aus den Grenzregionen. Dort befürchtet die Wirtschaft Nachteile, wenn die Bürger der Nachbarstaaten Maut zahlen müssten, sobald sie mit dem Auto über die Grenze fahren. Geschäfte und Gastronomie sorgen sich dabei um Einbußen. "Ich werde den Bundesverkehrsminister bitten, diesen Vorschlag zu prüfen", sagte Herrmann.
Seehofer: CSU-Linie und Merkel-Linie sind klar
CSU-Chef Seehofer konterte indes, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) jetzt den Gesetzentwurf ausarbeite. Und da sei es überhaupt nicht notwendig, dass jemand mit Interviews "seinen Senf dazugibt". Seehofer stellte klar, Herrmann habe seine Idee in keiner Weise abgesprochen. "Die Linie der CSU und ihres Vorsitzenden ist ebenso klar wie die Linie der Kanzlerin - und ich könnte mir vorstellen, dass das maßgeblich ist", sagte er.
Auch Bundesverkehrsminister Dobrindt sieht keinen Grund für Ausnahmen in Grenzregionen. Er sei der Überzeugung, dass der kleine Grenzverkehr durch seine Mautpläne nicht beeinträchtigt werde, teilte er mit. "Menschen, die nahe der Grenze wohnen, fahren aus ganz unterschiedlichen Anlässen nach Deutschland. Etwa um Verwandte zu besuchen, Ferien zu machen oder städtetouristisch unterwegs zu sein", begründete Dobrindt seine Absage. Allein durch solche Fahrten rechne es sich, eine Jahresvignette zu kaufen. Er sei "der Überzeugung, dass der kleine Grenzverkehr dadurch nicht beeinträchtigt wird".
Grüne: Nicht mal in den eigenen Reihen Unterstützung
Grünen-Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter sagte: "Die Forderungen vergrößern das Chaos, sie würden die Maut endgültig zu einem unkontrollierbaren Bürokratie-Monster machen. Jetzt demontiert schon ein Spitzen-CSUler den Dobrindt-Maut-Murks. Für seine Ideen hat er keine Unterstützung, nicht mal in den eigenen Reihen." Die Äußerungen seien ein Warnschuss für den Verkehrsminister. Dobrindt "sollte seine Maut in die muffige CSU-Ideenkiste zurückpacken".
Selbst in der CDU sorgten die Änderungswünsche aus Bayern für Spott: "Das ist ja trollig. Erst fordert die CSU eine Maut für Ausländer. Dann wird die Ausnahme für bayerische Grenzregionen verlangt", twitterte Finanzstaatssekretär Michael Meister.
Schäuble: Zeitraum fraglich
Bundesfinanzminister Schäuble zweifelte indes an der Umsetzbarkeit des Maut-Konzepts von Verkehrsminister Dobrindt. "Der Zoll müsste zum Beispiel rund 50 Millionen Kraftfahrzeugsteuerbescheide neu erstellen. Ob sich das so schnell überhaupt umsetzten lässt, müssen wir in der Zollverwaltung prüfen", sagte er der "Rheinischen Post".
"Auf den Zoll kämen zusätzliche Aufgaben zu. Der hat aber ohnehin schon viele neue Aufgaben übernommen, seit neuestem auch die Mindestlohnkontrolle", fügte Schäuble hinzu. Den Plänen zufolge soll die dem Finanzressort unterstehende Zollverwaltung sicherstellen, dass deutsche Autofahrer durch die Maut nicht zusätzlich belastet werden.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/DJ/rts