Politik

Trump-Beraterin taumelt Conway - die Frau aus der "Räuberhöhle"

Die Frau, die Licht ins Dunkel bringen soll: Kellyanne Conway. Doch was ist schon Licht? Und was ist Dunkelheit?

Die Frau, die Licht ins Dunkel bringen soll: Kellyanne Conway. Doch was ist schon Licht? Und was ist Dunkelheit?

(Foto: AP)

Trumps Spitzenberaterin Conway ist ein Phänomen: Sie wirft Nebelkerzen, erfindet alternative Fakten und Massaker. Doch mit ihrer jüngsten Kaufempfehlung für "Ivankas Sachen" könnte sie zu weit gegangen sein.

Es war als Lob gedacht. Am Abend vor seiner Amtseinführung nahm der designierte US-Präsident Donald Trump Kellyanne Conway an die Hand und feierte sie überschwänglich: "Es gibt keine Räuberhöhle, in die sie nicht gehen würde. Wenn sich meine Männer vor einem Fernsehauftritt vor Angst in die Hosen machen, dann frage ich Kellyanne. Und wenn sie dann auftritt, zerstört sie einfach."

Nun allerdings könnte es sein, dass ihr jüngster Auftritt - eine Kaufempfehlung für die Modekette von Trumps Tochter Ivanka - zu viel zerstörerische Kraft entwickelt hat. "Geht und kauft Ivankas Sachen", hatte Trumps Spitzenberaterin in der vergangenen Woche in einem Interview das Publikum von Fox News aufgefordert. Sie selbst besitze Teile der "wunderbaren Marke" und werde nach dem Interview weitere einkaufen.

Das ging dann selbst einigen Parteifreunden Trumps zu weit. "Falsch, falsch, falsch, klar über der Linie, inakzeptabel", nannte der republikanische Vorsitzende des Aufsichtsausschusses im US-Repräsentantenhaus Conways Einkaufstipp. Die US-Ethikbehörde empfahl dem Präsidialamt am Dienstag in einem Brief, den Fall zu untersuchen und ein Disziplinarverfahren gegen die 50-Jährige in Erwägung zu ziehen. Die Schritte sollen demnach bis zum 28. Februar unternommen werden.

Noch rechnet Conway, die nach dem Vorfall "belehrt" worden war, allerdings mit Trumps Unterstützung. Der Präsident stehe "hundertprozentig" hinter ihr, sagte sie kürzlich Fox News. Kein Wunder: Dieser hatte zuvor selbst über den Präsidenten-Twitteraccount die Kaufhauskette Nordstrom, die Ivankas Modelinie aus dem Sortiment gestrichen hatte, attackiert.

Es ist nicht das erste Mal, dass Conway in die Schlagzeilen gerät. Doch es scheint ihr wenig auszumachen. Denn wie Trump erklärte: Angst kennt Conway offenbar nicht. Weder vor bohrenden Fragen, wenn sie öffentlich Trumps Tweets erklären muss, noch davor, mit ihren Antworten selbst zum Gespött zu werden. Einer ihrer häufigsten Sätze ist derzeit: "Was der Präsident wirklich meint." Dann erklärt sie mit einer Eloquenz, die selbst hartgesottene Interviewpartner verwirrt, warum gelegentliche Unwahrheiten keine Rolle spielen.

Dass nicht nur die Wahrnehmung der Realität, sondern auch Fakten offenbar eine sehr subjektive Angelegenheit sind, machte Conway schon kurz nach Trumps Amtseinführung klar. Sie prägte einen Begriff, der in die Geschichte eingehen dürfte: "alternative Fakten". Mit dieser Wortschöpfung, für die andere Menschen das Wort "Lüge" benutzen würden, verteidigte sie eine falsche Behauptung von Präsidentensprecher Sean Spicer. Dieser hatte die Zuschauermenge bei Trumps Vereidigung am 20. Januar die größte in der US-Geschichte genannt.

Wenig später präsentierte Conway selbst "alternative Fakten", als sie vom "Massaker von Bowling Green" sprach, über das nie jemand berichtet habe. Dass der Mantel des Schweigens über diesem Massaker lag, hing vor allem mit einem Fakt zusammen: Das Attentat hatte es nie gegeben. In Bowling Green waren im Jahr 2011 zwei Iraker verhaftet worden, die Anschläge im Irak geplant hatten. Conway focht das nicht an, erst nach massiver Kritik tat sie ihre Falschbehauptung als Versprecher ab. Statt "Bowling-Green-Massaker" habe sie "Bowling-Green-Terroristen" gemeint.

"Der Drache, den die Medien nicht erlegen können"

All das konnte ihr bisher nichts anhaben, so wenig wie Trump seine diversen Falschaussagen im Wahlkampf geschadet hatten. "Sie ist der Drache, den die Medien nicht erlegen können", sagte kürzlich der Komiker Trevor Noah von der "Daily Show" über sie. Egal, was sie gefragt wird, Conway ist um keine Antwort verlegen und verfährt nach dem Motto: Angriff und Nebelkerzen sind die beste Verteidigung. Und wenn alternative Fakten auch Fakten sind, dann ist die Trump-Administration eigentlich immer im Recht.

Die vierfache Mutter ist so etwas wie die Allzweckwaffe Trumps. Die Superwoman, als die sie sich auch bei einer Kostümparty nach dem Wahlsieg verkleidet hatte. Bereits im Wahlkampf zeigte die studierte Politologin und Juristin, die 1995 eine eigene Demoskopie-Firma gegründet hatte, wozu sie in der Lage ist: Nachdem sie bei den Vorwahlen zunächst für Senator Ted Cruz gearbeitet und Trump noch vorgeworfen hatte, sein "Imperium auf dem Rücken der kleinen Leute" gebaut zu haben, wechselte sie im August in Trumps Team und wurde seine Wahlkampfleiterin. Damals war die Lage für Trump hoffnungslos. In Umfragen lag er acht Prozentpunkte hinter der Demokratin Hillary Clinton - und dann kam auch noch "Pussy-Gate": alte Aufnahmen, die zeigten, wie Trump mit sexuellen Belästigungen von Frauen prahlt.

Doch Conway, die aus einer streng katholischen Familie stammt und als erste Frau überhaupt einen Wahlkampf für einen republikanischen Präsidentschaftsbewerber leitete, warf sich für ihren Chef in die Bresche. Sie sprach von ihren persönlichen Erfahrungen mit Trump, oft sei sie mit ihm allein gewesen und er habe sich immer nur "liebenswürdig und wie ein Gentleman" verhalten. Conway hatte Jahre zuvor das Buch "Was Frauen wirklich wollen" verfasst, jetzt sollte sie der Öffentlichkeit zeigen, dass Trump kein rassistischer Frauenfeind war. Es gelang ihr offenbar; in der Gruppe der weißen Frauen schnitt er bei der Wahl überdurchschnittlich gut ab.

Und Trump dankte ihr für ihre Wahlkampagne, ihre Hartnäckigkeit und Schlagfertigkeit. Er holte sie nach dem Wahlsieg in den ansonsten von Männern dominierten innersten Zirkel der Macht. Eine Rolle als Pressesprecherin lehnte sie allerdings ab, auch wenn sie gelegentlich wie eine auftritt. Nach eigenen Angaben will sie Politik nicht nur kommunizieren, sondern auch gestalten. Nun ist sie die mächtigste Frau im Weißen Haus, und Trump kann auf ihre bedingungslose Loyalität zählen. Je nach Notwendigkeit erklärt sie dessen Sicht der Welt oder wirft Nebelkerzen - und lässt sich, so wie ihr Chef, offenbar durch nichts beirren. Auch nicht durch den Einwand der Ethikbehörde. Und am wenigsten durch Fakten.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen