Islamhass in Deutschland Das Recht auf Dummheit
17.09.2012, 13:29 Uhr
"Pro Köln"-Protest gegen den Bau der Großmoschee: Gegen Provokationen gibt es bessere Mittel als ein Verbot.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Meinungsfreiheit schützt nicht nur kluge Meinungen. Auch der plumpe Ausdruck von Dummheit und Hass fällt darunter, und damit auch der Film "Die Unschuld der Muslime". Er kann darum nicht verboten werden, aber das ist auch nicht schlimm: Deutschland hat bessere Möglichkeiten, Zeichen gegen Islamhass zu setzen.
Der 20. September 2008 war ein guter Tag für Deutschland. Ein Bündnis aus europäischen Rechtspopulisten hatte sich in Köln getroffen, um einen abzuhalten – eine Veranstaltung, die zum Ziel hatte, Angst und Hass zu säen, um Stimmen verunsicherter Wähler einzusammeln. Es kam nicht dazu, der "Kongress" fand nicht statt. Und das lag nicht daran, dass er verboten worden wäre: Die gut 100 Rechtsextremen steckten vielmehr im Keller des Kölner Flughafens fest, weil die schiere Masse der Gegendemonstranten Straßen, Plätze und Gleise blockiert hatte. Zu der Gegendemonstration hatten verschiedene Parteien, Gewerkschaften und Verbände verschiedener Religionen aufgerufen. Zehntausende Menschen waren gekommen.
Organisiert worden war die antiislamische Veranstaltung von der rechtsextremen Partei . Nun kündigt der bundespolitische Ableger eben jener Partei, "Pro Deutschland", eine Aktion mit dem gleichen Ziel an: Das Schüren von Angst und Hass soll dieses Mal durch die Vorführung des durch Ausschnitte auf Youtube bekannt gewordenen Films erreicht werden. Diesen Film als "islamkritisch" zu bezeichnen, ist zu harmlos: Es beleidigt den Religionsgründer Mohammed auf unterstem Niveau und ist damit eine heftige Provokation an die Adresse von mehr als einer Milliarde Menschen, die versuchen, ihr Leben nach der Lehre Mohammeds auszurichten.
Proteste gegen den Film gibt es einige: In Dutzenden Städten gehen Menschen auf die Straße, um gegen die Beleidigung des Islam zu protestieren. Die allermeisten Demonstranten sind dabei friedlich. Dass gewaltbereite Extremisten die empörte Stimmung als Rückendeckung nutzen, um die deutsche Botschaft in Khartoum und die US-Botschaft in Tunis anzugreifen, ist schändlich. Aber es ist eben eine kleine Zahl an Gewalttätern, wie sie auch immer wieder bei Demonstrationen in Deutschland auftauchen. Im Unterschied zu Deutschland gelingt es der Polizei in Ländern wie Tunesien und Sudan nur nicht, die Gewalt im Rahmen zu halten. Der Eindruck einer breiten gewaltsamen Bewegung entstand vor allem dadurch, dass im libyschen Bengasi der Botschafter der USA getötet wurde. Ein Missverständnis: Längst hat sich herausgestellt, dass der Angriff ein lange geplanter Anschlag anlässlich des 11. September war und mit dem besagten Youtube-Video nichts zu tun hatte.
Die Empörung unter Muslimen ist also bei Weitem nicht so groß, wie sie hierzulande wahrgenommen wird. Von flächendeckender Gewalt kann bisher nicht die Rede sein. Die Proteste sind nachvollziehbar und berechtigt, solange sie friedlich bleiben. Und wenn die Provokation in Deutschland von Rechtsextremen fortgesetzt wird, sollte die gesellschaftliche Mehrheit die Muslime im Protest dagegen nicht alleine lassen.
Das wäre ein viel stärkeres Zeichen, als eine Filmvorführung staatlich zu . Im Gegensatz zu den ruhigen, mahnenden Worten von Politikern würde es vielleicht sogar in der islamischen Welt ankommen.
Quelle: ntv.de