Politik

Familie, Freunde, Toleranz Der kühle Norden hält fest zusammen

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Einer neuen Studie zufolge halten die Deutschen heute besser zusammen als noch vor 25 Jahren. Am größten ist der Gemeinsinn dort, wo es Wohlstand gibt, die Umgebung städtisch ist und die Gesellschaft relativ jung. Darum gibt es im Osten Probleme.

Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland ist einer Studie zufolge seit 1990 spürbar gewachsen. Dieser Prozess gehe im Osten aber deutlich langsamer voran als im Westen, heißt es in dem "Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt" der Bertelsmann Stiftung. Demnach ist der Gemeinsinn in Hamburg am größten. Es folgen die Südländer Baden-Württemberg und Bayern. Die ostdeutschen Bundesländer belegen die fünf letzten Plätze.

Der Gemeinsinn ist im kühlen Norden am besten ausgeprägt. Hamburg nimmt im Ranking der Studie eine Spitzenstellung ein.

Der Gemeinsinn ist im kühlen Norden am besten ausgeprägt. Hamburg nimmt im Ranking der Studie eine Spitzenstellung ein.

(Foto: imago/Lars Berg)

Der Zusammenhalt habe sich seit 1990 auch im Osten verbessert, der Abstand zu den westdeutschen Ländern wachse aber, stellten die Autoren der Studie von der Jacobs University in Bremen fest. "Je höher das Bruttoinlandsprodukt eines Bundeslandes, je niedriger das Armutsrisiko, je urbaner das Wohnumfeld und je jünger die Bevölkerung, desto höher der Zusammenhalt", fasste einer von ihnen, Kai Unzicker, die Ergebnisse zusammen.

Eine Gesellschaft, die zusammenhalte, sei gekennzeichnet durch "belastbare soziale Beziehungen, eine positive emotionale Verbundenheit ihrer Mitglieder mit dem Gemeinwesen und eine ausgeprägte Gemeinwohlorientierung", definiert die Studie. Für den Vergleich werteten die Wissenschaftler Befragungsstudien und amtliche Statistik für die Jahre 1990 bis 2012 aus.

Auch der Osten wächst zusammen

Dabei wurden die sozialen Beziehungen zu anderen Menschen, die emotionale Verbundenheit mit dem Gemeinwesen und die Orientierung am Gemeinwohl anhand von 31 Indikatoren untersucht, die in neun sogenannten Dimensionen zusammengeführt werden. In sieben davon belegen die ostdeutschen Länder die hinteren Plätze.

Dies bedeute allerdings nicht, dass die Gesellschaft dort immer weiter auseinanderdrifte, heißt es in der Studie. Vielmehr habe sich auch im Osten der Zusammenhalt seit der Wiedervereinigung positiv entwickelt - aber eben mit einem langsameren Tempo als im Westen. Die Autoren der Studie stellen in Ostdeutschland Parallelen zu anderen ehemals sozialistischen Staaten fest. So sei das relativ geringe Vertrauen der Ostdeutschen in ihre Mitmenschen typisch für Länder, in denen zuvor eher Kontrolle das gesellschaftliche Klima bestimmt habe. Beim Vertrauen in Institutionen wie Justiz und Polizei hat der Osten während der vergangenen zehn Jahre aber einen kräftigen Sprung nach vorn gemacht.

Große West-Ost-Unterschiede gibt es auch beim Thema Verteilungsgerechtigkeit. Während im Westen mehr als jeder Zweite der Ansicht ist, einen gerechten Anteil am Wohlstand zu erhalten, ist es in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt nur jeder Fünfte. Ein weiterer Punkt der Analyse war die Akzeptanz von Vielfalt. In fast allen Bundesländern sei die Toleranz gegenüber Homosexuellen gewachsen, hieß es. Zuwanderern begegneten viele Deutsche aber nach wie vor mit großer Skepsis. Immer seltener werde akzeptiert, dass diese hier ihren traditionellen Lebensstil pflegten. Die Skepsis sei aber unbegründet, denn: "In den Bundesländern mit den höchsten Ausländeranteilen halten die Bürger am engsten zusammen."

Quelle: ntv.de, dsi/dpa

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