"Sponsoren von Terrorgruppen" Deutschland und Iran bestellen gegenseitig Botschafter ein
27.10.2022, 18:24 Uhr
In Berlin hatten sich rund 80.000 Menschen an einer Kundgebung zur Unterstützung der Demonstranten im Iran beteiligt.
(Foto: picture alliance/dpa)
In Berlin stellen Zehntausende Menschen offen ihre Unterstützung für die Demonstranten im Iran zur Schau. Das Regime in Teheran reagiert verärgert - und bestellt den deutschen Botschafter ein. Berlin tut dasselbe mit dem iranischen Vertreter vor Ort.
Iran und Deutschland haben die Botschafter des jeweils anderen Landes in die Außenministerien in Teheran und Berlin einbestellt. "Sowohl der deutsche Botschafter in Teheran als auch der iranische Botschafter in Berlin waren heute zu einem Gespräch in den jeweiligen Außenministerien der Gastländer geladen", war aus dem Auswärtigen Amt zu hören.
Zuvor hatte die halbamtliche Nachrichtenagentur Fars berichtet, der deutsche Botschafter sei einbestellt und Berlin beschuldigt worden, sich in die inneren Angelegenheiten der Islamischen Republik einzumischen. "Einige europäische Länder sind entgegen ihren internationalen Verpflichtungen im Kampf gegen den Terrorismus zu Sponsoren von Terrorgruppen geworden", sagte der stellvertretende iranische Außenminister Ali Bagheri Kani in einem Kommentar, den Fars veröffentlichte. In Berlin hatten sich vergangenen Samstag nach Angaben der Polizei rund 80.000 Menschen an einer Kundgebung zur Unterstützung der Demonstranten im Iran beteiligt.
Die EU hat unterdessen vom Iran angekündigte Strafmaßnahmen gegen europäische Politiker, Journalisten und Einrichtungen scharf verurteilt. Die Sanktionen gegen zwölf Einzelpersonen und acht Einrichtungen seien offensichtlich rein politisch motiviert, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Brüssel. Anstatt sich auf politische Vergeltung zu konzentrieren, sollte der Iran lieber die Grundfreiheiten der eigenen Bevölkerung gewährleisten, die zum Beispiel Meinungsfreiheit einfordere.
Das iranische Außenministerium hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass die persischsprachige Abteilung der Deutschen Welle (DW), die "Bild"-Chefredakteure Johannes Boie und Alexandra Würzbach sowie Abgeordnete des Europäischen Parlaments und zwei deutsche Unternehmen auf eine Sanktionsliste gesetzt würden. Der Iran wirft ihnen "Unterstützung von Terrorismus" vor. Die Sanktionen umfassen unter anderem Einreisesperren.
Pro-Regime Demonstranten vor britischer Botschaft
In der iranischen Hauptstadt demonstrierten am Donnerstag Hunderte systemtreue Studenten vor der britischen Botschaft. Sie riefen Parolen gegen die Sender BBC Persian und Iran International, die in London ansässig sind. Vor wenigen Tagen hatte das iranische Außenministerium die Sender auf eine Terrorliste gesetzt.
Im Iran gehen seit Wochen zahlreiche Menschen aus Protest gegen die Staatsführung auf die Straße - obwohl Sicherheitskräfte teils massiv gegen sie vorgehen. Begonnen hatten die Proteste nach dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini. Sie war am 13. September in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie gegen Regeln zum Tragen eines Kopftuchs verstoßen haben soll. Drei Tage später starb sie unter strittigen Umständen.
Quelle: ntv.de, kst/dpa