Im Kampf gegen Waldbrände Deutschland verzichtet weiterhin auf Löschflugzeuge
20.07.2022, 09:26 Uhr Artikel anhören
Ein Löschflugzeug im Einsatz über der griechischen Halbinsel Peloponnes.
(Foto: picture alliance / ANE / Eurokinissi)
Das Bundesinnenministerium bleibt dabei: Anders als die USA oder Frankreich wird Deutschland seine Waldbrände auch künftig ohne Löschflugzeuge bekämpfen. Begründet wird dies mit den Kosten und der speziellen Befüllung bei Einsätzen. Auch seien ohnehin die Länder und Kommunen zuständig.
Waldbrände sollen in Deutschland auch künftig ohne Unterstützung durch Löschflugzeuge bekämpft werden. Eine Anschaffung solcher Flugzeuge sei nicht geplant, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums mit. Sie verwies auf die Zuständigkeit von Ländern und Kommunen für den Katastrophen- und Brandschutz. Der Bund könne mit seinen Ressourcen lediglich im Wege der Amtshilfe, wo die Einsatzkräfte der Länder und Kommunen nicht ausreichten, zeitlich begrenzt unterstützen - etwa mit Hubschraubern von Bundespolizei und Bundeswehr.
In einer Arbeitsgruppe "Nationaler Waldbrandschutz" unter Vorsitz des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern, in der das Bundesinnenministerium Gaststatus habe, seien Konzepte zur Brandbekämpfung aus der Luft im Detail erörtert worden, erklärte die Sprecherin. "Die fachlich zuständigen Expertinnen und Experten haben sich dabei deutlich für den Einsatz von Hubschraubern und gegen den Einsatz von Flugzeugen ausgesprochen", fügte sie hinzu.
Forderungen kommen aus der CDU
Die in Deutschland auftretenden Wald- und Vegetationsbrände hätten nicht die gleichen Dimensionen wie etwa in Australien, den USA oder Kanada, wo Löschflugzeuge zur Brandbekämpfung eingesetzt werden. Wo hierzulande eine Unterstützung aus der Luft erforderlich sei, könne besser ein Hubschrauber an bestimmten Stellen Wasser ausbringen. Denn die Befüllung der Wasserbehälter und die Betankung mit Treibstoff könne mobil am Einsatzort erfolgen, während Löschflugzeuge nach Abwurf des Wassers zur erneuten Befüllung zu festen Flugplätzen oder, falls sie dafür technisch ausgerüstet sind und die Distanz nicht zu groß ist, zum Meer zurückkehren müssten. Zudem sei die Beschaffung, Wartung und der Betrieb von Hubschraubern oft kostengünstiger als bei Löschflugzeugen - auch wegen der vielfältigen weiteren Einsatzmöglichkeiten von Hubschraubern.
Seit Monatsbeginn haben nach Angaben des Bundesinnenministeriums bislang Portugal, Frankreich, Albanien und Slowenien über das EU-Katastrophenschutzverfahren um Unterstützung bei der Bekämpfung von Wald- und Vegetationsbränden ersucht. Portugal habe sein Ersuchen am Montag zurückgezogen. Angefordert wurden jeweils Löschflugzeuge. SPD, Grüne und FDP hatten 2021 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, "die Waldbrandbekämpfungsmöglichkeiten am Boden und aus der Luft" auszubauen.
Der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte hatte am Dienstag die Beschaffung von Löschflugzeugen gefordert: "Die Bundesregierung muss endlich handeln und Transportflugzeuge der Bundeswehr so ausrüsten oder beschaffen, dass sie wirksam zum Löschen von Waldbränden eingesetzt werden können - auch wenn das keine Kernaufgabe der Streitkräfte ist."
Feuerwehrverband beklagt Regel-Chaos
Derweil beklagt der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) ein viel zu bürokratisches und kompliziertes Verfahren in Deutschland für die Anforderung von Löschhubschraubern bei Waldbrandkatastrophen. Jedes Land hat eigene Regelungen, zum Teil sogar verschiedene für die verschiedenen Träger der Luftfahrzeuge", sagte der Vorsitzende des Arbeitskreises Waldbrand im DFV, Ulrich Cimolino, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es gebe 16 verschiedene Regelungen für 16 Bundesländer und vereinzelt sogar verschiedene Regelungen für Bundeswehr und Bundespolizei.
Es dauere viel zu lange, Hubschrauber von ihnen anzufordern, kritisierte Cimolino, der auch der Vegetationsbrandexperte der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes ist. Somit gestalte sich die Abstimmung wichtiger Details äußerst schwierig. So sei es auch bei der Flutkatastrophe im Ahrtal vor einem Jahr gewesen. Damals seien Hubschrauber zum Teil gar nicht, nicht rechtzeitig oder falsch ausgestattet eingesetzt worden. Angesichts einer Kombination aus hohen Temperaturen, großer Trockenheit und starken Winden rechnet Cimolino in den kommenden Wochen mit heftigen Waldbränden in Deutschland.
Quelle: ntv.de, mbe/dpa/AFP