Politik

Die Polen und Kaczyinskis Mädchen Die Prophezeiung könnte sich erfüllen

Kaczynski könnte nun doch triumphieren.

Kaczynski könnte nun doch triumphieren.

(Foto: REUTERS)

Die Polen wählen und aller Voraussicht nach dürfte die Stunde der Nationalkonservativen schlagen. Kaczynskis Kandidatin Szydlo steht vor einem Sieg, er selbst könnte dann der Strippenzieher im Hintergrund bleiben.

Vielleicht wird es ja der späte Triumph des Jaroslaw Kaczynski. Nach seiner Wahlniederlage im November 2011 stellte sich der erzkonservative Pole mit versteinertem Gesicht vor seine Anhänger und prophezeite: "Ich bin tief überzeugt, meine Damen und Herren, dass der Tag kommt, an dem wir es schaffen werden." Und in Anspielung auf die rechte Regierung unter Viktor Orban in Ungarn fügte er hinzu: "Wir werden in Warschau unser Budapest haben."

Kopaczs Liberale erwartet ein Absturz in der Wählergunst.

Kopaczs Liberale erwartet ein Absturz in der Wählergunst.

(Foto: AP)

An diesem Sonntag könnte es so weit sein. Wenn Polen sein neues Parlament wählt, sagen alle Umfragen Kaczynskis EU-skeptischer Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) einen Triumph voraus. Laut einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts TNS kommt die PiS auf 32,5 Prozent. Der liberalen Ministerpräsidentin Ewa Kopacz von der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) steht dagegen ein Absturz auf 26,3 Prozent bevor. Vor vier Jahren lag sie noch bei 39 Prozent.

Damit könnte Kaczynskis Kalkül aufgegangen sein. Im Wahlkampf äußerte sich der Oppositionschef gewohnt scharf und keilte gegen seine Lieblingsgegner: Liberale, Schwule, Deutsche, die EU - und seit kurzem die Flüchtlinge. Die Flüchtlinge schleppten gefährliche Krankheiten ein, sie brächten "Cholera auf die griechischen Inseln, die Ruhr nach Wien, verschiedenartige Parasiten", verbreitete er erst kürzlich. Und dürfte damit bei einem Teil der Polen auf Zustimmung stoßen: Auch wenn bislang nur wenige Flüchtlinge in Polen leben, ist die Angst vor ihnen doch weit verbreitet.

Große Versprechungen

Nur eine Marionette? Beata Szydlo gibt sich gerne als bodenständige Frau aus der Provinz.

Nur eine Marionette? Beata Szydlo gibt sich gerne als bodenständige Frau aus der Provinz.

(Foto: AP)

Während Kaczynski wie gewohnt den Scharfmacher gibt, ist seine Spitzenkandidaten das freundliche Gesicht der PiS. Die 52-jährige Beata Szydlo tritt verbindlich und sachlich auf, gibt sich gerne als Kind der Provinz aus und meidet Verschwörungstheorien. Außerdem verspricht sie den Wählern das Blaue vom Himmel: Der Mindestlohn soll steigen, das Rentenalter sinken, ein Familiengeld von 118 Euro monatlich pro Kind eingeführt werden. Schließlich gebe es genug Geld in Polen.

Mit seiner Strategie, eine verbindlich auftretende Frau ins Rennen zu schicken, erweist sich Kaczynski wieder einmal als geschickter Politikprofi, der aus der Vergangenheit gelernt hat und aus Umfragen seiner Partei. Diese besagten, dass er als Spitzenkandidat möglicherweise bis zu 60 Sitze weniger erringen würde als ein verbindlicher auftretender Kandidat.

Schon bei den Präsidentenwahlen im Mai dieses Jahr war die Strategie aufgegangen. Damals siegte wider Erwarten Kaczynskis bis dahin fast unbekannter Zögling Andrzej Duda gegen Amtsinhaber Bronislaw Komorowski. Auch er wirkte gemäßigt, freundlich und jugendlich - und hatte den Wählern viel versprochen, weshalb sich die Gewerkschaft Solidarnosc hinter ihn stellte.

Jetzt rätseln viele: Ist Szydlo nur die Marionette Kaczynskis, sein Mädchen? Der Soziologe Andrzej Rychard glaubt, dass niemand heute sagen könne, wie eigenständig sie agieren werde, sollte sie tatsächlich gewinnen. Schließlich hatte Kaczynski schon einmal 2005 den Finanzfachmann Kazimierz Marcinkiewicz zum Ministerpräsidenten wählen lassen, um ihn wenig später aus dem Amt zu drängen. Sein Zwillingsbruder, der Präsident Lech Kaczynski, vereidigte ihn daraufhin als Regierungschef.

Doch selbst wenn Szydlo die meisten Stimmen erringt, ist für die Nationalkonservativen nicht alles in trockenen Tüchern. Noch hängt viel davon ab, wie viele der kleinen Parteien die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Dann könnte die liberale Kopacz diese in einer Koalition um sich scharen nach dem Motto: "Alle gegen Kaczynski." Das Regieren würde aber auf alle Fälle nicht einfacher.

Quelle: ntv.de

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