Was kommt nach dem Atomtest? "Druck beeindruckt Pjöngjang nicht"
09.09.2016, 16:46 Uhr
Das Atomprogramm ist Kims Trumpf im Streben nach internationaler Anerkennung.
(Foto: AP)
Nun schon zum zweiten Mal dieses Jahr testet Nordkorea einen atomaren Sprengkopf. Nordkorea-Experte Rüdiger Frank plädiert dafür, mit Kim zu verhandeln - "zwar zähneknirschend, aber mit Respekt".
n-tv.de: Pjöngjang verkündet, Nordkorea habe einen Atomsprengkopf auf eine Rakete gebaut. Kann das sein?
Rüdiger Frank: Wenn Nordkorea es noch nicht geschafft hat, werden sie es in Zukunft irgendwann erreichen. Pjöngjang hat sich das strategische Ziel gesetzt, Atomwaffen zu entwickeln. Dazu gehören natürlich auch die Miniaturisierung und ein entsprechendes Raketenprogramm. Ob das heute "nur" eine Atombombe war oder inzwischen schon ein raketenfähiger Sprengkopf, ist schwer zu verifizieren. Aber es ist relativ zweifelsfrei, dass Nordkorea eines Tages solche Sprengköpfe haben wird.
Wie kann die internationale Gemeinschaft Pjöngjang zur Vernunft bringen?
Das war nun der fünfte Atomtest insgesamt und der zweite in diesem Jahr – und das nach den bislang schwersten Sanktionen, die im März verhängt worden sind. Die internationale Gemeinschaft ist gescheitert, Nordkorea von seinem Atomprogramm abzubringen. Druck beeindruckt Pjöngjang nicht. Es wäre an der Zeit, anzuerkennen, dass Nordkorea Atomwaffen besitzt. Da weigern sich ja viele Länder noch. Die Uno muss dann einen Weg finden, um damit umzugehen.

Professor Rüdiger Frank ist Vorstand des Instituts für Ostasienwissenschaften an der Universität Wien und Autor des Buches "Nordkorea: Innenansichten eines totalen Staates".
(Foto: Privat)
Wie könnte dieser Weg aussehen?
Man muss sich mit den Nordkoreanern zusammenzusetzen. Die Gespräche dürfen nicht von oben herab, sondern zwar zähneknirschend, aber mit einem gewissen Respekt geführt werden. Die drei großen Probleme müssen gelöst werden: die Frage der Proliferation, die Atomsicherheit und der Nicht-Ersteinsatz der Waffen.
In diesen Fragen ist eine Lösung möglich?
Ja, Nordkorea hat immer wieder erklärt, dass es Atomwaffen nicht weiterverbreiten wird. Auch bei der Zulassung von Sicherheitsinspektionen, etwa durch die IAEA, ist durch Verhandlungen eine Übereinkunft möglich. Das müsste man dann in internationale Verträge gießen, die es ja schon gibt.
Und was ist mit einem möglichen atomaren Erstschlag?
Kim Jong Un hat beim Parteitag im Mai erklärt, dass Nordkorea das nicht vorhat. Dieses Bekenntnis müsste ebenfalls in Verträge umgesetzt werden. Dann müsste man sich zwar immer noch Sorgen machen, aber es herrschte mehr Transparenz und Sicherheit. Dazu wäre Pjöngjang nach meiner Einschätzung ganz eindeutig bereit.
Wie verlässlich wäre Nordkorea als Partner solcher Abkommen?
So verlässlich wie jeder andere Partner auch. Internationale Abkommen werden immer nur so lange eingehalten, wie sie beiden Vertragspartnern nutzen. Sobald einer der Meinung ist, den Kürzeren zu ziehen, kündigt er das auf.
Gelten diese Regeln auch für ein als irrational verschrienes Nordkorea?
Natürlich hat Nordkorea keinen guten internationalen Ruf was die Einhaltung von Verträgen angeht. Aber in diesem Fall steht die Chance besser. Nordkoreas strategische Ziele sind internationale Anerkennung und nukleare Abschreckung. Die erreicht es mit dem Atomprogramm. Die erreicht es aber sicher nicht damit, das Atomprogramm endlos auszubauen oder gar andere Länder anzugreifem. Das wäre ökonomischer und militärischer Selbstmord.
Mit Rüdiger Frank sprach Johannes Graf
Quelle: ntv.de