Politik

"Säuberungen" in der Wirtschaft Erdogan greift Gülens Finanzen an

Präsident Erdogan erwartet von der türkischen Geschäftswelt Unterstützung in seinem Kampf gegen Fethullah Gülen.

Präsident Erdogan erwartet von der türkischen Geschäftswelt Unterstützung in seinem Kampf gegen Fethullah Gülen.

(Foto: REUTERS)

Bisher geht der türkische Präsident Erdogan hauptsächlich gegen Militärangehörige und Staatsbedienstete vor. Das war nach seinen eigenen Worten aber erst "die Spitze des Eisbergs" - trotz drohender Milliardenschäden rückt jetzt die Geschäftswelt ins Visier.

Ungeachtet aller Kritik will Präsident Recep Tayyip Erdogan die "Säuberungen" auch auf die angeschlagene türkische Wirtschaft ausdehnen. "Die, die bis jetzt gefasst wurden, sind nur die Spitze des Eisbergs", sagte Erdogan vor den Vorsitzenden von Handelskammern und Börsen in Ankara. Die Gülen-Bewegung sei besonders stark im Wirtschaftssektor vertreten. Erdogan rief Geschäftsleute auf, Gülen-Anhänger in diesem Bereich zu melden. "Ich sage euch, das kann sogar euer Verwandter sein."

Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Wer seine Bewegung finanziere, trage nicht weniger Schuld als die Putschisten selber, betonte der Präsident. Er werde alle Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen untersagen lassen, die mit Gülen verbunden seien sowie deren Erlöse einkassieren.

"Das Virus hat sich überall ausgebreitet"

"Wir werden kein Mitleid haben. Wir haben noch keinen Punkt gesetzt, das ist erst das Komma", sagte Erdogan weiter. Es werde kein Nachlassen bei der Säuberung von Gülen-Anhängern geben. "Das Virus hat sich überall ausgebreitet." Die türkischen Behörden hatten bereits vor dem Putschversuch eine Bank beschlagnahmt und mehrere Medienunternehmen geschlossen oder übernommen.

Erdogan forderte Banken bei dem Treffen zudem auf, die Zinsen für Immobilienkäufe auf unter zehn Prozent zu senken. "Ihr werdet daran schon nicht verlieren", erklärte er. Hohe Zinsen seien ein "Drangsal". Die Zentralbank wies er an, ihre Reserven an ausländischen Devisen auf mindestens 165 Milliarden Dollar aufzustocken. Die jährliche Inflationsrate der Türkei stieg im Juli unerwartet stark auf 8,8 Prozent.

90 Milliarden Euro Schaden befürchtet

Nach einem Bericht der "Hürriyet" befürchtet das Handelsministerium infolge des Putschversuches wirtschaftliche Schäden von umgerechnet mindestens 90 Milliarden Euro. Die Türkische Lira brach ein. Der wichtige Tourismussektor verzeichnete bereits wegen der Terroranschläge massive Einbußen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's bezeichnete die Türkei vor wenigen Tagen als "Hochrisiko"-Land.

Bislang ist die türkische Regierung vor allem gegen Staatsbedienstete vorgegangen. Nach Regierungsangaben vom Dienstag wurden seit dem Putschversuch 58.611 Staatsbedienstete suspendiert und weitere 3499 dauerhaft entlassen. Zusätzlich wurde mehr als 20.000 Lehrern an Privatschulen die Lizenz entzogen.

Nach Angaben des Innenministeriums vom Mittwoch wurden weiterhin 25.917 Menschen festgenommen, gegen 13.419 Verdächtige wurde Haftbefehl erlassen. Die Reisepässe von 74.562 Personen wurden für ungültig erklärt, um ihre Flucht ins Ausland zu verhindern.

Quelle: ntv.de, chr/dpa/rts

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