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"Hart aber fair" zu Urlaubschaos "Es wird ein Sommer der Überraschungen"

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Der Flug in den Sommerurlaub könnte in diesem Jahr nicht reibungslos laufen.

Der Flug in den Sommerurlaub könnte in diesem Jahr nicht reibungslos laufen.

(Foto: picture alliance / PPE/Beijersbergen)

In Nordrhein-Westfalen ist am Freitag der letzte Schultag. Dann starten die ersten Sommertouristen in den Urlaub. Chaos auf den Flughäfen ist programmiert. Darüber haben die Gäste bei "Hart aber fair" im Ersten am Montagabend diskutiert.

Vor fast genau 50 Jahren veröffentlichte die Rockband Alice Cooper mit ihrem Song "School's out" ihren größten Hit - und kreierte eine der besten Rockhymnen der 1970er Jahre. In dem Song wird gejubelt - über den letzten Schultag und die Freiheit, die man nun genießen konnte. Wer in diesem Jahr die Sommerferien im Ausland verbringen will, möglichst per Flug, wird ein anderes Lied im Gedächtnis haben: "Dieser Weg wird kein leichter sein".

Schon in den vergangenen Wochen klagten viele Flugreisende über chaotische Zustände und lange Schlangen in den Airports, Verschiebungen und Ausfällen der gebuchten Reisen inbegriffen. Darüber haben am Montagabend auch die Gäste der ARD-Talkshow "Hart aber fair" diskutiert.

"Die Menschen haben Lust auf Urlaub", freut sich Ute Dallmeier, die mehrere Reisebüros leitet und außerdem Präsidiumsmitglied im Deutschen Reise-Verband ist. Dennoch liege der Buchungsstand von Urlaubsreisen gerade einmal bei 70 Prozent, verglichen mit der Zeit vor der Corona-Krise. Sie geht jedoch davon aus, dass die Zahlen noch steigen könnten. Und das vielleicht schon in den nächsten Tagen: In Nordrhein-Westfalen ist am Freitag letzter Schultag. Damit ist es das erste Bundesland, das in die Sommerferien startet.

"Dürsten danach, den Reisenden zu helfen"

Dallmeier hat festgestellt, dass viele Reisende für einen schönen Urlaub auch tiefer ins Portemonnaie greifen. Immerhin hätten sie seit Beginn der Corona-Krise Geld gespart, also seit zwei Jahren. Da könne es schon einmal das schönere Ferienhaus oder das luxuriösere Hotel sein.

"Es wird ein Sommer der Überraschungen", sagt Claudia Müller. Die Grünen-Politikerin ist Tourismus-Koordinatorin der Bundesregierung. Die Flughäfen seien rechtzeitig vorgewarnt worden, die Fluggäste dafür sensibilisiert.

Die Fluggesellschaften haben sich auch vorbereitet, ist die Überzeugung von Matthias von Randow. Allerdings gibt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft zu bedenken, dass zwei Jahre lang kaum Urlaubsreisen gebucht worden seien. Die Airlines hätten Personal entlassen müssen, das nun nicht mehr zur Verfügung stehe. Viele Menschen hätten sich neue Jobs gesucht, vor allem in der Logistikbranche. Doch es gebe auch weiterhin interessierte Mitarbeiter, und viele ehemalige seien schon wieder zurückgekommen. Und die seien sehr motiviert, sagt von Randow: "Sie dürsten danach, den Reisenden zu helfen."

Dass es dennoch zu Flugverspätungen oder -ausfällen kommt, kann Claudia Müller nicht verstehen. Es gebe überall starke Personalprobleme, sagt sie. Als Beispiele nennt sie die Gastronomie oder das Hotelgewerbe. Das kann Ute Dallmeier bestätigen. In ihren Reisebüros sei niemand entlassen worden, Mitarbeiter hätten aber von sich aus gekündigt. Sie hätten die Nase voll von psychologischen Gesprächen gehabt, aber vor allem von den mit recht wütenden Kunden.

Man kann sie verstehen. Und die Lage wird nicht besser: Im Juli hat die Lufthansa 900 Flüge innerhalb Deutschlands und Europas gestrichen. Als Grund gibt das Unternehmen häufig Personalmangel an. Tatsächlich ist während der Corona-Zeit die Zahl der Mitarbeiter bei der Fluggesellschaft um knapp 25 Prozent gesunken. Nun habe man sich im Ausland nach neuen Beschäftigten umgeschaut, vor allem im Sicherheitsbereich, sagt von Randow. Etwa 2000 habe man in der Türkei gefunden. Damit die eingestellt werden könnten, bedürfe es einer Sondergenehmigung des Bundes. Claudia Müller bestätigt, dass sich bereits die zuständigen Ministerien damit beschäftigten.

Neue Verbraucher-App

Die Wartezeit am Flughafen können Touristen jedoch schon heute verkürzen. Die Gäste bei "Hart aber fair" geben dazu verschiedene Tipps: Das Einchecken könnten Flugreisende problemlos und in Ruhe zu Hause online erledigen, auch das Gepäck könne man schon am Tag vor dem Abflug aufgeben.

Es bleibt jedoch das Problem der verschobenen oder ausgefallenen Flüge. Denn dafür müssen in der Regel die Fluggesellschaften haften. Konkret: Wer zu spät oder gar nicht in den Urlaub fliegen kann, bekommt sein Geld teilweise oder sogar vollständig zurück. Das soll normalerweise digital funktionieren, mit einer Beschwerde über das Internet. Tat es bisher aber oft nicht.

Genau dafür hat die Verbraucherzentrale NRW gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung eine App entwickelt. "Flugärger" heißt sie. Ein erster Test zeigt: Die App ist schnell installiert und kinderleicht zu bedienen. Sie prüft, ob ein Flugreisender Geld zurückbekommt, wenn zum Beispiel der Flug gestrichen, nicht erreicht wurde oder das Gepäck verschwunden ist. Die von der App errechnete Summe kann man dann von der Fluggesellschaft zurückfordern.

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"Eigentlich ist es traurig, dass es diese App geben muss", sagt Wolfgang Schudsinski von der Verbraucherzentrale NRW. Aber in der Vergangenheit hätten sich einfach zu viele Fluggesellschaften geweigert, den für die Kunden entstandenen Schaden finanziell auszugleichen.

Wer auf den Stress bei einer Flugreise völlig verzichten will, hat dazu einige Möglichkeiten. Da ist zum Beispiel das Neun-Euro-Ticket der Bahn. Die kommt schließlich immer an. Irgendwann. Irgendwo.

Quelle: ntv.de

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