"Putin führt in die Katastrophe" Ex-Präsident Juschtschenko prophezeit Zerfall Russlands


Der russische Präsident Wladimir Putin (l) und der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko beim 15. Gipfeltreffen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum (BSEC) in Istanbul 2007.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Putins Imperialismus und die Ausbeutung seiner Bevölkerung werden sein Regime in Moskau zu Fall bringen, sagt der ukrainische Ex-Präsident Juschtschenko. Er hält den Zerfall der Russischen Föderation in 20 Teilrepubliken für ein realistisches Szenario.
Der frühere ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko sieht keine langfristige Zukunft für das Regime in Moskau. "Wladimir Putin führt das Land in die Katastrophe", sagte Juschtschenko im Gespräch mit ntv.de und weiteren europäischen Medien in Kiew. Russland habe noch nie eine solche Tragödie durchgemacht wie heutzutage. Putin wolle nicht nur die Ukraine unterjochen. Ausgebeutet würden auch die mehr als 100 indigenen Bevölkerungsgruppen, die in den 20 Teilrepubliken der russischen Föderation leben. "Völker wie die Tartaren werden seit mehr als 200 Jahren versklavt und erinnern sich daran, was ihnen angetan wurde", so Juschtschenko.
Die verschiedenen ethnischen Gruppen würden schon bald "ihre eigene Wahl treffen und ihre eigenen Ziele für sich festlegen". Der Zerfall Russlands in 20 verschiedene Republiken sei eine logische Schlussfolgerung. "Ich sehe keine Perspektive für die russische Staatlichkeit", so Juschtschenko. Russland sei nicht als monolithischer Block zu verstehen, sondern als Vielvölkerstaat.
Die Teilrepublik Jakutien etwa ist reich an Bodenschätzen wie Diamanten, Gold, Erdöl, Kohle und verschiedenen Erzen. Auf einer Fläche, die siebenmal so groß ist wie Deutschland, leben nur gut 900.000 Menschen, über die Hälfte von ihnen gehört dem Turkvolk der Jakuten an. Die Erträge durch die Ausbeutung der Bodenschätze schöpft der Kreml ab. Die Jakuten beklagen, an den Gewinnen kaum beteiligt zu werden. Zudem sind sie aufgrund des Bergbaus hohen Umweltrisiken ausgesetzt. "Jakutien ist eines der reichsten Gebiete Russlands. Dennoch leben zwei Drittel der Bevölkerung von Mindestlöhnen", sagte Juschtschenko.
Massenproteste in Moskau wären "Ende der Diktatur"
Nicht etwa Armeen jagten Putin die größte Angst ein, sondern der politische Widerstand dieser unterdrückten Bevölkerungsgruppen. "Ich bin davon überzeugt, dass die Unterstützung der föderalen Widerstandsbewegung in Russland etwas ist, das auf der politischen Landkarte etwas verändern kann", fügte Juschtschenko hinzu.
Für die Zukunft der Ukraine seien nicht nur die Wiederherstellung ihrer territorialen Grenzen von 1991, internationale Sicherheitsgarantien und die Mitgliedschaft in der Europäischen Union wichtig. "Um einen Sieg zu erringen, ist die Zerstörung von Putins Regime zwingend notwendig", so Juschtschenko. Russland müsse einen demokratischen Weg gehen. Das sei aufgrund seiner Geschichte nicht einfach, da es historisch niemals große demokratische Bestrebungen in Russland gegeben habe.
Seit Beginn des Zarenreichs in Russland sei "der Wille zur Freiheit über Jahrhunderte zerstört" worden. Momentan scheine es eher so, als würden die Russen höchstens auf die Straße gehen, wenn der Wodkapreis zu stark steige. Falls in Moskau jedoch Millionen Menschen auf die Straße gehen würden, wäre das "definitiv das Ende der Diktatur".
Der Maidan als Schauplatz vieler Demonstrationen der Ukrainer in Kiew sei für Putin deshalb ein "Albtraumwort". Die ersten größeren Proteste auf dem Majdan Nesaleschnosti, dem Platz der Unabhängigkeit, hatte Juschtschenko selbst während der sogenannten Orangen Revolution in der Ukraine 2004 organisiert. Damals trat Juschtschenko in den Präsidentschaftswahlen gegen seinen pro-russischen Konkurrenten Wiktor Janukowytsch an. Laut offiziellen Angaben gewann Janukowytsch die Stichwahl, doch es gab massive Vorwürfe von Wahlfälschung. Ab dem 21. November 2004 versammelten sich Hunderttausende Menschen, um für freie und faire Wahlen zu demonstrieren. Sie schwenkten Fahnen in Orange, der Farbe von Juschtschenkos Kampagne. Das Oberste Gericht ordnete Neuwahlen an, die Juschtschenko am 26. Dezember 2004 gewann.
Die Reise nach Kiew erfolgte auf Einladung der Nichtregierungsorganisation Your City Media Hub/Untold Stories from Ukraine mit Sitz in Lwiw.
Quelle: ntv.de