Erste Gespräche nach der Wahl FDP zweifelt Regierungsfähigkeit der Union an
03.10.2021, 07:03 Uhr
Armin Laschet und Christian Lindner haben sich vor der Wahl immer wieder für ein Schwarz-Gelbes-Bündnis eingesetzt.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
FDP und Grüne haben ihren gemeinsamen Nenner in Vorsondierungen gefunden. Jetzt klären sie, ob SPD-Spitzenkandidat Scholz oder doch Wahlverlierer Laschet sich in Zukunft Kanzler nennen darf. Eine Tendenz zeichnet sich ab. Den Zusammenhalt der Union stellen sie öffentlich infrage.
Eine Woche nach der Bundestagswahl schalten sich SPD und Union voll ins Ringen um eine künftige Bundesregierung ein. Die Sondierer der Sozialdemokraten wollen am Nachmittag etwa zwei Stunden lang mit der FDP über eine mögliche Ampelkoalition unter einem Bundeskanzler Olaf Scholz diskutieren. Anschließend ist ein ebenso langes Treffen mit den Grünen geplant. Ebenfalls am Abend wollen CDU und CSU mit der FDP Chancen für ein Jamaika-Bündnis zusammen mit den Grünen ausloten.
Grüne und FDP hatten sich als umworbene Partner bereits zweimal zu vertraulichen Runden getroffen und am Freitag Einigkeit demonstriert. Die Grünen zeigten sich am Samstag auf einem Kleinen Parteitag in Berlin zuversichtlich, der neuen Bundesregierung anzugehören. Die Bevölkerung favorisiert in Umfragen die von der SPD angestrebte Ampelkoalition. Im Wahlkampf hatte die FDP immer ihre Präferenz für ein Jamaika-Bündnis geäußert. CDU-Chef Armin Laschet hatte trotz Wahldebakel erklärt, dass er solch ein Bündnis bilden wolle.
Allerdings steht Laschet nicht nur öffentlich, sondern auch innerparteilich nach der historischen Niederlage der Union immer stärker unter Druck. Mehrere CDU-Politiker fordern eine personelle Neuaufstellung. "Dafür muss es einen Bundesparteitag geben, spätestens im Januar", sagte Parteivize Jens Spahn der "Welt am Sonntag". "Dass im Wahlkampf Fehler passiert sind und unser Spitzenkandidat nicht richtig gezogen hat, kann niemand leugnen." Die "Rheinische Post" berichtet zudem, es herrsche in der CSU großes Kopfschütteln über schwierige Absprachen mit der CDU.
FDP schießt gegen die Union
FDP-Chef Lindner äußert daher bereits vor dem ersten Sondierungsgespräch Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Union. CDU und CSU müssten klären, ob sie wirklich eine Regierung führen wollten, sagt er in der "Bild am Sonntag". "Manche Wortmeldung der CDU spekuliert ja, dass erst Verhandlungen mit der SPD scheitern sollen, bevor die Union wieder ins Spiel kommt. Das kann man unserem Land nicht zumuten. Wir sind zu ernsthaften Gesprächen mit der Union bereit und erhoffen uns umgekehrt dasselbe."
Ähnlich lautende Kritik kommt von FDP-Generalsekretär Volker Wissing. Seine Partei gehe offen in die Gespräche mit Union und SPD, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Aber die Union müsse "klären, ob sie an einem Strang zieht".
Schulz für Laschet-Rücktritt
CDU-Chef Laschet hat sich am Samstag in Berlin mit seinem Sondierungsteam getroffen, um die Verhandlungen mit der FDP am Abend und mit den Grünen am Dienstag vorzubereiten. "Wir gehen mit großem Verantwortungsbewusstsein in die Gespräche mit FDP und Grünen", versichert CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak in der "Bild am Sonntag". "Wir wollen unseren Beitrag in einem neuen Zukunftsbündnis dazu leisten, dass etwas Neues für unser Land entsteht."
Für den früheren SPD-Vorsitzenden Martin Schulz ist dagegen bereits klar: "Wenn es die theoretische Möglichkeit von Jamaika nicht gäbe, wäre Laschet schon von den eigenen Leuten zum Rücktritt gezwungen worden", betont er in der Zeitung. Noch komme keiner von seinen Feinden aus der Deckung, "weil keiner der böse Bube sein will". Das führe zu einer Hängepartie in der Union. Schulz' Rat an Laschet: "Wer ein Minus von neun Prozent bei einer Bundestagswahl einfährt, kann nicht reklamieren, das Land zu führen." Schulz hatte 2017 die Wahl als Kanzlerkandidat klar verloren.
Quelle: ntv.de, chr/dpa