Politik

Der Kriegstag im Überblick Flaggschiff "Moskwa" gesunken - Moskau baut Drohkulisse gegen Finnland und Schweden auf

Ein ukrainischer Soldat steht vor dem zerstörten Gebäude der Regierungsverwaltung in Mykolajiw, einer Stadt im Süden der Ukraine.

Ein ukrainischer Soldat steht vor dem zerstörten Gebäude der Regierungsverwaltung in Mykolajiw, einer Stadt im Süden der Ukraine.

(Foto: picture alliance/dpa/ZUMA Press Wire)

Der Ton Russlands gegenüber der EU wird immer rauer. Sollten sich Finnland und Schweden für einen NATO-Beitritt entscheiden, würden Atomwaffen direkt in ihre unmittelbare Nähe verlegt. Kremlchef Putin will zudem in Sachen Energie mehr nach Asien blicken und die EU weniger beliefern. Einen Rückschlag erleidet Moskau derweil, da das Flaggschiff "Moskwa" laut russischer Staatsagentur gesunken ist. In Mariupol wähnt sich Moskau nach der angeblichen Aufgabe von 1160 ukrainische Soldaten am Ziel. Der 50. Kriegstag im Überblick.

Medwedew droht mit Atomwaffen im Baltikum - Baerbock kontert

Sollten Finnland und Schweden sich für einen NATO-Beitritt entscheiden, dann hätte das große Folgen für die Sicherheit in Europa, droht der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew. "In diesem Fall kann schon nicht mehr von einem atomwaffenfreien Status des Baltikums die Rede sein", schrieb er bei Telegram. Der Vize-Chef des Sicherheitsrates, drohte konkret mit der Stationierung von "Iskander"-Raketen, Hyperschallwaffen und Kriegsschiffen mit Atomwaffen - für die Finnen und Schweden etwa in Reichweite "des eigenen Hauses". Litauens Präsident Gitanas Nauseda bezeichnete die russische Drohung als "einen leeren Schuss in die Luft." Nach Angaben des Staatsoberhaupts des baltischen EU- und NATO-Landes hat Russland bereits Atomwaffen in seine Ostsee-Exklave Kaliningrad verlegt. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock konterte ebenfalls und pochte auf das freie Entscheidungsrecht beider Länder. "Es ist das Recht eines jeden Landes (...), sich seine Verteidigungsbündnisse frei zu wählen", sagte Baerbock am Rande eines Besuches in Niger. Dies gelte erst recht für zwei europäische Länder, die bereits Mitglieder in der Europäischen Union seien.

Russland will weniger Gas nach Europa liefern

Auch Kremlchef Wladimir Putin droht der EU. Er will seine Energieexporte künftig von Europa in Richtung Asien umlenken. Die Lieferungen Richtung Westen "werden sinken", sagte er bei einem Kabinettstreffen. Stattdessen würden die "stark wachsenden Märkte im Süden und im Osten" bedient. Dazu sollte Russland damit anfangen, die entsprechende Infrastruktur zu bauen, so Putin. Hintergrund seien die Pläne Europas, auf russisches Gas verzichten zu wollen. "EU-Länder sprechen davon, Energielieferungen aus Russland zu kappen, damit steigen die Preise, und der Markt wird destabilisiert." Der Kremlchef warnte die EU-Staaten vor einem Embargo von russischem Gas und Öl: "Die Folgen eines solchen Schrittes können sehr schmerzhaft werden - vor allem für die Initiatoren einer solchen Politik." Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte wiederum in der BBC, dass Deutschland weiter Öl aus Russland kaufe und gemeinsam mit Ungarn ein Embargo blockiere.

"Mariupol war, ist und bleibt eine ukrainische Stadt"

Im Kriegsgebiet nahmen russische Truppen die seit Wochen belagerte südukrainische Hafenstadt Mariupol noch härter in die Zange. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, russische Truppen hätten den Hafen komplett unter Kontrolle. Zudem hätten sich inzwischen 1160 ukrainische Soldaten ergeben. Mariupols Bürgermeister Wadym Bojtschenko wies dies als "Falschnachrichten" zurück und gab sich siegessicher. "Mariupol war, ist und bleibt eine ukrainische Stadt", sagte er in der ARD. Auch Wladimir Klitschko widersprach russischen Angaben und machte in einem Interview mit der Deutschen Welle deutlich, dass die Verteidiger weiter vor Ort seien und die Stadt nicht aufgegeben werde.

Raketenkreuzer "Moskwa" gesunken

Ähnlich widersprüchliche Darstellungen gab es zu einem Brand auf dem russischen Flaggschiff "Moskwa" im Schwarzen Meer. Während die Ukraine erklärte, man habe das Schiff mit Raketen getroffen und versenkt, sprach das russische Verteidigungsministerium lediglich von Schäden und versicherte, die "Moskwa" sei weiter seetüchtig. Mittlerweile hat allerdings die Staatsagentur Tass bestätigt, dass der Raketenkreuzer gesunken ist. Das Flaggschiff der Schwarzmeerflotte sei am Donnerstag während eines Sturms nach einer Explosion und einem Brand untergegangen, als es zu einem Hafen geschleppt worden sei.

Das russische Ministerium meldete auch, man habe auf einem Flugplatz der ostukrainischen Millionenstadt Dnipro einen Kampfflieger und weiteres Fluggerät zerstört. Darüber hinaus seien zwei Waffenlager in den Gebieten Odessa und Donezk attackiert worden. Die Angaben der Kriegsparteien sind meist nicht unabhängig zu überprüfen.

Russland: Ukraine bombardiert russische Dörfer

Moskau beklagt währenddessen, dass ukrainische Helikopter Ziele auf russischem Boden attackiert haben sollen. So soll die Ukraine zwei Ortschaften in Grenznähe angegriffen haben, wobei in der Region Brjansk acht Menschen verletzt worden seien, teilte das russische Ermittlungskomitee mit. Auch der Gouverneur der Grenzregion Belgorod warf den ukrainischen Streitkräften vor, das Dorf Spodarjuschino bombardiert zu haben. Kiew wies die Anschuldigungen Moskaus zurück, und warf Russland stattdessen "Terroranschläge" auf eigenem Territorium vor. Damit solle eine "anti-ukrainische Hysterie" im Land geschürt werden. Russland hat seit dem Beginn des Krieges im Nachbarland die Kiewer Streitkräfte mehrfach beschuldigt, Angriffe auf sein Territorium geflogen zu haben.

Vierter Gefangenenaustausch - ukrainische Offiziere wieder frei

Bei einem erneuten Gefangenenaustausch mit Russland sind nach Angaben Kiews 30 ukrainische Kriegsgefangene freigelassen worden. "Fünf Offiziere und 17 Militärangehörige wurden ausgetauscht. Auch acht Zivilisten, darunter eine Frau, wurden freigelassen", erklärte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. Zuvor hatte das Verteidigungsministerium in Kiew bekannt gegeben, dass zwei Anfang März in der Region Tschernihiw von russischen Soldaten gefangen genommene Piloten freigelassen worden seien. Weitere Einzelheiten nannte das Ministerium nicht. Unklar ist bisher, ob die Piloten Teil des von Wereschtschuk verkündeten Gefangenenaustauschs waren. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums waren die Piloten zunächst an verschiedenen Orten festgehalten worden, bevor sie in die südrussische Region Kursk gebracht wurden. Dort waren sie zusammen mit acht weiteren ukrainischen Soldaten inhaftiert. Zu deren Verbleib liegen bislang keine Informationen vor.

Ukrainisches Parlament verurteilt russisches Vorgehen als "Völkermord"

Die Brutalität Russlands zeigt sich durch die Geschehnisse in Butscha deutlich. "Wir haben das grausame Gesicht von Putins Armee gesehen, wir haben die Rücksichtslosigkeit und die Kaltherzigkeit gesehen, mit der sie die Stadt besetzt hat", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in der Stadt. Das ukrainische Parlament hat das Vorgehen der russischen Truppen heute als "Völkermord" verurteilt und stufte Russland als "Terrorstaat" ein. Die russischen Streitkräfte machten sich nicht nur eines "Angriffsverbrechens" schuldig, sondern "verfolgen das Ziel der systematischen und konsequenten Vernichtung des ukrainischen Volkes und seiner Identität", heißt es in dem Text.

Hofreiter: Das Problem ist im Kanzleramt

Die Bundestagsmitglieder Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Anton Hofreiter und Michael Roth waren zu Beginn der Woche in die Westukraine gereist, um ihre Solidarität mit dem angegriffenen Land zu zeigen. Zurück von seiner Reise hat sich der Grünen-Politiker Hofreiter mit deutlichen Worten an Bundeskanzler Olaf Scholz gewendet und mehr Bewegung eingefordert: "Das Problem ist im Kanzleramt", sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags bei "RTL Direkt". "Wir müssen jetzt endlich anfangen, der Ukraine das zu liefern, was sie braucht, und das sind auch schwere Waffen."

Im "Frühstart" bei ntv forderte Hofreiter dann auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf, sich für die Lieferung schwerer Waffen einzusetzen. Er habe es zwar falsch gefunden, dass Steinmeier aus der Ukraine wieder ausgeladen worden war, aber: "Ich würde mir von ihm wünschen, dass er laut und deutlich sagt: Ja, ich habe mich geirrt und das hat jetzt Konsequenzen. Und diese Konsequenzen sind, dass er sich gegenüber dem Kanzler, den er ja gut kennt, einsetzt, dass jetzt auch schwere Waffen geliefert werden." Für seine direkten Worte bekam er von der SPD Gegenwind. Doch auch die Grünen-Spitze hat sich von seiner Kritik an Scholz distanziert. Allerdings werden die Forderungen nach schweren Waffen immer lauter, auch aus den Reihen der FDP.

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Quelle: ntv.de, ysc/dpa/AFP/rts

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