Politik

"Genau das macht Europa kaputt" Gabriel: Schäuble belehrt Südeuropäer

Sigmar Gabriel macht sich Gedanken.

Sigmar Gabriel macht sich Gedanken.

(Foto: dpa)

SPD-Chef Gabriel beklagt eine Spaltung Europas. Schuld seien Sparauflagen für Krisenstaaten und das Auftreten der wohlhabenden Länder. Die Belehrungen müssten aufhören, fordert er - und richtet diesen Appell auch an Finanzminister Schäuble.

Vizekanzler Sigmar Gabriel ermahnt Finanzminister Wolfgang Schäuble zur Zurückhaltung im Umgang mit anderen EU-Mitgliedern. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der SPD-Politiker, Europa teile sich "inzwischen in wohlhabende Länder wie Deutschland und jene Länder, die nicht aus der Finanz- und Staatsschuldenkrise von 2009 herauskommen". Letztere seien wegen des ihnen zugemuteten Sparkurses wütend auf Berlin und Brüssel. In den wohlhabenderen Staaten verachteten viele die scheinbar unproduktiven Südeuropäer. "So geht das nicht", sagte Gabriel.

Die Europäer müssten damit aufhören, einander öffentlich zu belehren. "Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble läuft schon wieder mit erhobenem Zeigefinger durch Europa." Um Reformen in Krisenstaaten durchzusetzen, sollte weniger auf Druck gesetzt werden. "Der Plan, der jetzt von CDU-Politikern herumposaunt wird, noch härtere Sparauflagen gegenüber den ärmeren Ländern durchzusetzen, muss doch bei Menschen, die schon heute unter Massenarbeitslosigkeit, schlechten Löhnen und Mini-Renten leiden, wie ein erneuter Angriff des starken Deutschland aussehen." Bei solchen Vorstößen gehe es meist um die eigene innenpolitische Profilierung. "Genau das aber macht Europa kaputt."

Gabriel schlägt vor, gelungene Reformen mit finanziellen Hilfen zu belohnen anstatt sie durch Sparauflagen zu erzwingen. Vorwürfe, dies käme einer europaweiten sozialen Planwirtschaft gleich, bezeichnete er als "dummes Zeug".

"EU muss dringend Ballast abwerfen"

Als Reaktion auf das Brexit-Votum spricht sich Gabriel für eine "Verschlankung" der Europäischen Union aus. Die EU habe es "dringend nötig, Ballast abzuwerfen". Sie mische sich kleinkrämerisch in Details ein, die besser auf kommunaler oder nationaler Ebene geregelt werden könnten. Auch ein Europa, in dem sich 27 Kommissare beweisen wollten, ergebe keinen Sinn. "Auch hier tut eine Verschlankung gut", sagte der SPD-Chef der Zeitung.

Beim EU-Haushalt müsse geprüft werden, ob das System noch stimme, wenn an die 40 Prozent der Finanzmittel für Agrarpolitik ausgegeben würden, während für Forschung, Innovation oder Bildung deutlich weniger Geld zur Verfügung stehe. In Zeiten weltweiter Krisen erwarteten die Menschen eine gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik, sagte Gabriel. Ziel müsse eine gemeinsame europäische Armee sein. Es sei Unsinn, wenn jede Nation die gleichen Fähigkeiten vorhalte.

Mit Blick auf das Brexit-Votum sagte Gabriel, er schließe nicht aus, dass die Briten "in ein paar Jahrzehnten zur EU zurückkommen". Es sei eine gute Perspektive, dass Dreiviertel der jungen Menschen unter 25 Jahren beim britischen Referendum für den Verbleib in der EU gestimmt hätten. "Zu denen müssen wir Kontakt halten", sagte er. Jetzt aber sei die Entscheidung gegen die EU gefallen und müsse "zügig vollzogen" werden.

Quelle: ntv.de, jog/AFP/rts

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