Russland dreht den Hahn zu Gas-Poker gewinnt an Heftigkeit
25.11.2015, 11:13 Uhr
Russland liefert der Ukraine kein Gas mehr.
(Foto: REUTERS)
Russland stoppt die Gas-Lieferungen an die Ukraine. Die Regierung in Kiew gibt sich demonstrativ gelassen – und Osteuropäer fragen sich, ob sie im Winter frieren müssen.
Es ist wieder so weit: Die Ukraine bekommt kein Gas mehr aus Russland. Der Staatskonzern Gazprom stoppte die Lieferungen, nachdem Kiew die Zahlungen eingestellt hat. Seitdem der prorussische Präsident Viktor Janukukowitsch Anfang 2014 gestürzt wurde, hat der Streit um das Gas wieder zugenommen, die Lieferungen wurden mehrfach unterbrochen.
Dabei hatten sich Moskau und Kiew erst im Oktober unter Vermittlung der Europäischen Union geeinigt, nachdem Russland die Lieferungen am 1. Juli eingestellt hatte. Moskau akzeptierte einen niedrigeren Preis, Kiew zahlte im Voraus, das Gas strömte wieder in die Ukraine - doch der Friede hielt nur kurz.
Vor zwei Wochen kündigte der Chef des ukrainischen Konzerns Naftogas, Andrej Kobelew, an, die Speicher seien wieder ausreichend gefüllt. Außerdem sei der Gasverbrauch in der Ukraine geringer als erwartet, deshalb könne man trotz des nahenden Winters vorerst auf weitere Lieferungen aus Russland verzichten. Das Kalkül von Kiew: Die Gaspreise werden weiter fallen, deshalb kann Anfang kommenden Jahres ein besserer Deal ausgehandelt werden.
Ob das der Fall sein wird, ist unklar. Denn der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland hatte sich in den vergangenen Tagen verschärft. So hatten vermutlich ukrainische Nationalisten und Krim-Tartaren die Stromleitungen zur von Russland annektierten Krim gekappt. Die Halbinsel ist bei der Stromversorgung von der Ukraine abhängig, da es noch keine Leitungen nach Russland gibt. Auf der Krim wurde der Notstand ausgerufen.
Am Montag stoppte die Regierung in Kiew die Warenlieferungen auf die Halbinsel. Premier Arseni Jazenjuk begründete das mit der Drohung Russlands, mit dem Inkrafttreten eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und der Ukraine Produkte des Nachbarlands mit einem Embargo zu belegen.
Wichtiges Transitland
Der neuerliche Gas-Poker dürfte der EU Sorgen machen, denn die Ukraine ist ein wichtiges Transitland für Gas aus Russland. Etwa zehn Prozent ihres Bedarfs deckt die Union durch Leitungen, die durch die Ukraine führen. Der Streit zwischen Kiew und Moskau hatte deshalb in der Vergangenheit in osteuropäischen Staaten zu Versorgungsengpässen geführt.
"Es gibt weder neue Vorauszahlungen, noch neue Bestellungen. Deshalb haben wir die Lieferungen eingestellt", sagte der Chef des russischen Gazprom-Konzerns, Alexej Miller und warnte vor "ernsten Risiken" für die Versorgung Europas.
Zuvor hatte Russlands Energieminister Alexander Nowak den Druck auf Regierung in Kiew erhöht und ihr vorgeworfen, "aus irgendwelchen politischen Motiven heraus" nicht alles zu unternehmen, damit die gesprengten Strommasten repariert werden könnten. Kiew argumentiert, das ukrainische Nationalisten und Krim-Tataren die Reparatur verhindern würden.
Russland könne politisch oder wirtschaftlich auf den Blackout auf der Krim reagieren, sagte Nowak. "In dieser Situation könnten wir uns dazu entscheiden - und vielleicht sollten wir das auch tun – die Kohlelieferungen zu stoppen". Das Zudrehen des Gashahns ist also womöglich nur der Anfang.
Quelle: ntv.de, jga/dpa/rts/AFP