"Beschämend für die Republik" Gewalt gegen Migranten nimmt zu
27.01.2015, 20:53 Uhr
Seit den Pegida-Demonstrationen gibt es mehr Angriffe auf Ausländer.
(Foto: dpa)
In diesem Winter verschlechtert sich die Situation für Flüchtlinge und Einwanderer in Deutschland extrem. Die Zahl der Übergriffe verdoppelt sich im Vergleich zum vergangenen Herbst. Forscher sehen einen Zusammenhang zu Pegida.
Die Gewalt gegen Flüchtlinge, Migranten und deren Unterkünfte in Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten mehr als verdoppelt. Das geht aus einer Auswertung von Polizei- und Medienberichten sowie Chroniken der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie hervor, die das ARD-Magazin "Report Mainz" durchgeführt hat. Verglichen wurden dabei die Monate November 2014, Dezember 2014 und Januar 2015 mit den Monaten August bis Oktober 2014.
Während in letzterem Zeitraum bundesweit 33 Übergriffe publik wurden, stieg diese Zahl im Winter auf 76 an. Das entspreche einer Zunahme um 130 Prozent und bedeute, dass es inzwischen fast täglich zu solchen Übergriffen komme. Eine ähnliche Zunahme in den Wintermonaten sei in den Jahren zuvor nicht feststellbar gewesen.
Gründe für die Zunahme könnten laut "Report Mainz" die islamkritischen Pegida-Demonstrationen sein, die im Oktober 2014 begannen. "Pegida hat ein Klima entfesselt, das Gewalt gegen Migranten, vor allem aber gegen Muslime will", zitierte "Report Mainz" den Rechtsextremismus-Forscher Hajo Funke. Er nannte die Zunahme von Gewaltakten "beschämend für die Republik". Es gebe eine Interaktion zwischen der von Pegida erzeugten Stimmung und Rechtsextremen, die nun sagten: "Das ist unsere Stunde. Jetzt ist Attentatszeit."
Andere Untersuchungen stützen Befund
"Report Mainz" verwies auch auf ähnliche Ergebnisse anderer Untersuchungen. So weise die vom Bundeskriminalamt (BKA) geführte Statistik zu politisch motivierter Kriminalität von Rechtsextremen für November 2014 einen Höchststand von 63 Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund auf. In den Monaten zuvor seien es durchschnittlich 38 gewesen, hieß es unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion.
Auch die Opferberatungsstelle Sachsen verzeichnete laut "Report Mainz" eine zunehmende Zahl von Vorfällen mit Migranten seit dem Beginn der Pegida-Kundgebungen. "In Dresden fällt natürlich auf, dass wir zumindest seit Oktober, was rassistisch motivierte Angriffe anbelangt, schon einen massiven Anstieg festgestellt haben", zitierte die ARD den Geschäftsführer der Opferberatung, Robert Kusche.
Nachweisbar ist der Zusammenhang zu Pegida jedoch nicht. Auch die islamistischen Terrorakte von Paris von Anfang Januar könnten eine Rolle spielen.
Quelle: ntv.de, jog/AFP