Parteitag in Berlin Grünen droht neue Koalitionsdebatte
18.10.2013, 17:22 Uhr
Beste Laune: Die Grünenspitze ging nicht nur mit guter Laune in die Sondierungsgespräche mit der Union, sie kam ebenso heraus.
(Foto: REUTERS)
Anfang der Woche legt die Grünenspitze bei ihren Sondierungsgesprächen die Grundlage für künftige Koalitionen mit der Union. Nur Tage später ist die neue Harmonie schon wieder in Gefahr.
Das Thema einer Koalition mit der Union ist für die Grünen nur vermeintlich abgelegt. Obwohl sie die Sondierungsgespräche Anfang der Woche scheitern ließen, wird es auf ihrem Parteitag am Wochenende vielleicht für die spannendste Debatte sorgen.
Die Antragsliste für den Parteitag ist für grüne Verhältnisse auffallend kurz. Er umfasst kaum 30 Punkte. Der Prominenteste: Die Delegierten wählen einen neuen Bundesvorstand. Mit Überraschungen ist dabei allerdings nicht zu rechnen. Da Claudia Roth ihr Amt kampflos aufgibt, gilt die Saarländerin Simone Peter als sichere Nachfolgerin. Zweifel, dass Cem Özdemir sich als Vertreter der Realos auf seinem Posten halten kann, gibt es nicht. Ansonsten liegen Anträge vor, die ein "Leben ohne Alkohol-, Zigaretten- und Glücksspielwerbung" fordern oder sich für eine "nachhaltige Reform der Umsatzsteuer" einsetzen. Ein Antrag liefert indes Material für eine ausgedehnte Debatte. Der Kreisverband Peine fordert einen Ausschluss von Schwarz-Grün per Parteitagsbeschluss. "Die klaren Aussagen im Wahlkampf und die differierenden Wahlprogramme schließen diese Verbindung aus", heißt es darin.
Die Öffnung wirkt mobilisierend
Brisant ist das, weil sich Grüne, CDU und CSU während der Sondierungen überraschend stark angenähert haben. Die Verhandlungsführer machten deutlich, dass eine Koalition spätestens bei der nächsten Bundestagswahl möglich sein sollte. Vielleicht sogar früher. Parteichef Özdemir wollte am Tag nach den Gesprächen nicht ausschließen, nochmals mit der Union zu verhandeln, sollte eine aus Union und Sozialdemokraten scheitern. "Am Ende, wenn eine solche Situation kommt, kann es natürlich sein, dass man nochmal miteinander spricht", sagte er im Deutschlandfunk.
Der Antrag des Kreisverbands Peine bedroht nun die neue Offenheit der Grünenspitze für Koalitionen mit der Union. Und in der liegt eigentlich eine gewaltige Chance. Den Absturz der Partei in den Wochen vor der Bundestagswahl erklären sich Politikwissenschaftler auch damit, dass die Grünen angesichts der Schwäche der Sozialdemokraten keine Machtoption hatten. "Das wirkt für viele potenzielle Wähler nicht gerade mobilisierend", sagt der Parteienforscher Uwe Jun. Die Möglichkeit, mit der Union zu koalieren, könnte das ändern.
Jeder dritte Grüne ist skeptisch
Schon vor der Bundestagswahl hatte eine Reihe von Basisgrünen mit einer Parteitagsabstimmung über einen Ausschluss von Schwarz-Grün gedroht. Letztlich kam es aber nicht dazu. Vermutlich aus Furcht, ein offen ausgetragener, parteiinterner Streit könnte den Grünen im Wahlkampf zu sehr schaden. Jetzt scheint diese Furcht verflogen und der Zoff sicher.
Umfragen zufolge steht die Mehrzahl der Grünen hinter dem neuen Kurs ihrer Spitze. Im ARD-Deutschlandtrend bezeichneten 67 Prozent der Parteianhänger Schwarz-Grün als "gut für das Land". Die übrigen 33 Prozent dürften allerdings reichen, um Flecken auf dem strategisch so wichtigem Bild der vielbeschworene "andere politischen Kultur" im Umgang mit CDU und CSU zu hinterlassen.
Quelle: ntv.de