IQB-Studie zeigt negativen Trend Grundschüler schneiden in Deutsch und Mathe schlechter ab
17.10.2022, 12:16 Uhr
Als wichtigen Grund für die Verschlechterung nennt die Studie die Schulschließungen während der Corona-Pandemie.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Im vergangenen Jahr nehmen bundesweit 26.000 Viertklässler an einer Bildungsstudie teil. Die Auswertung zeigt, dass sich die Leistungen im Bereich Lesen und Rechnen deutlich verschlechtern. Bildungsministerin Stark-Watzinger spricht von "alarmierenden Ergebnissen".
Die Viertklässler rutschen bei den Leistungen in den Fächern Deutsch und Mathematik einer Studie zufolge in ganz Deutschland weiter ab. Der negative Trend habe sich seit dem Jahr 2016 noch verstärkt, teilte die Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin mit. Vor allem der soziale Hintergrund hat demnach einen steigenden Einfluss auf den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler.
Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hatte im vergangenen Jahr die Bildungskompetenzen von Viertklässlern in Deutsch und Mathematik unter die Lupe genommen. An der Studie beteiligten sich mehr als 26.000 Schüler der vierten Jahrgangsstufe aus rund 1400 Schulen.
In beiden Fächern sank laut Studie die Zahl der Schüler, die den Mindeststandard erreichten. Dabei verstärkte sich der Zusammenhang zwischen sozialem Hintergrund und Bildungserfolg der Schüler. Zunehmend schwerer haben es demnach Kinder mit Zuwanderungshintergrund.
"Wir investieren in Deutschland zu wenig in den Elementarbereich"
Als wichtigen Grund für die Verschlechterung nannte die Studie die Schulschließungen während der Corona-Pandemie. Wie stark ein Schüler in der Schule sei, hänge stark mit der heimischen Lernumgebung während der Pandemie zusammen. Eine mangelhafte Ausstattung habe den Lernerfolg beeinträchtigen können.
Die amtierende KMK-Vorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien von der CDU nannte die Ergebnisse "ernüchternd". "Wir investieren in Deutschland zu wenig in den Elementarbereich", erklärte sie. Bereits in der Kita müsse der Erwerb von Deutsch- und Mathematikfähigkeiten stärker in den Blick genommen werden. "Wir werden uns als KMK überlegen müssen, wie wir wieder mehr Bildungsgerechtigkeit herstellen können", erklärte Prien.
FDP-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erklärte, der Anteil der Schüler, die den Standard verfehlten, sei "viel zu hoch". Die "alarmierenden Ergebnisse" müssten nun "aufrütteln". Langfristige Maßnahmen seien dort erforderlich, wo die Herausforderungen am größten sind. Das betreffe vor allem Kinder mit Zuwanderungshintergrund und in sozial herausfordernder Lage.
Die Gewerkschaften reagierten ebenfalls alarmiert. "Diese Schülerinnen und Schüler werden das, was sie als Grundschüler nicht gelernt haben, nur schwer in den weiterführenden Schulen aufholen können", erklärte Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands.
IFO erwartet hohe Folgekosten
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nannte die Ergebnisse "ernüchternd und skandalös". Die Grundschule sei seit Jahren vernachlässigt worden. Die Probleme lägen unter anderem im stärker werdenden Lehrkräftemangel, in zu großen Klassen und in der unzureichenden Ausbildung.
Der Verband Bildung und Erziehung mahnte, die Bildungsprobleme fingen bereits im Vorschulalter an. Personalmangel und Überlastung in Kitas hätten ein gefährliches Ausmaß erreicht. Es brauche eine bundesweit abgestimmte Fachkräfteoffensive.
Beunruhigt über die wirtschaftlichen Folgen der Bildungslücke zeigte sich das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (IFO). "Diese riesigen Lernrückstände werden nicht einfach weggehen. Sie werden hohe Folgekosten haben, wenn wir nicht umgehend gegensteuern", sagte IFO-Bildungsexperte Ludger Wößmann.
Quelle: ntv.de, jpe/AFP