Politik

Haftbefehl erlassen Gülen wirft Erdogan "Autoritarismus" vor

Gülen lebt seit 1999 in den USA, im Bundesstaat Pennsylvania.

Gülen lebt seit 1999 in den USA, im Bundesstaat Pennsylvania.

(Foto: REUTERS)

Die Türkei fordert von den USA die Auslieferung des Predigers Gülen - Ankara macht ihn für den gescheiterten Putsch verantwortlich. Nun wehrt sich Gülen erneut gegen die Vorwürfe und kritisiert den Kurs des türkischen Präsidenten scharf.

Nach der Ausstellung eines neuen Haftbefehls hat der islamische Prediger Fethullah Gülen die türkische Justiz scharf kritisiert. Es sei "gut dokumentiert", dass den türkischen Gerichten die "juristische Unabhängigkeit" fehle, sagte der in den USA lebende Gülen. Der Haftbefehl gegen ihn sei ein weiteres Beispiel dafür, dass sich Präsident Recep Tayyip Erdogan immer mehr zum "Autoritarismus und weg von der Demokratie" bewege.

Die türkische Justiz hatte am Donnerstag einen offiziellen Haftbefehl gegen Gülen ausgestellt. Laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu handelt es sich um den ersten Haftbefehl gegen Gülen nach dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli. Gülen wird darin zur Last gelegt, den Befehl für den Umsturzversuch erteilt zu haben. Er weist diesen Vorwurf zurück.

Die türkische Justiz hatte bereits im Dezember 2014 Haftbefehl gegen Gülen erlassen. Damals wurde ihm unter anderem die Leitung einer "bewaffneten terroristischen Organisation" zur Last gelegt. Nach dem Putschversuch von Mitte Juli forderte die türkische Regierung von den USA mehrfach Gülens Auslieferung und übermittelte den US-Behörden zwei Dokumentensammlungen zu dem Fall.

USA reichen Beweise nicht

Laut dem "Wall Street Journal" reichen den USA die bisher von der Türkei vorgelegten Beweise nicht aus. Sie seien bislang nicht davon überzeugt, dass es in dem Fall Grund zur Auslieferung gebe, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise.

Einen offiziellen Auslieferungsantrag stellte die Türkei bislang allerdings nicht. Dennoch übte Staatschef Erdogan scharfe Kritik an den USA, weil sie Gülen nicht ausliefert. Washington rief Ankara auf, Beweise vorzulegen, dass der Prediger tatsächlich Drahtzieher des Putschversuchs war, statt lediglich Anschuldigungen vorzubringen. Gülen erklärte, auch der neue türkische Haftbefehl ändere nichts an seiner Lage und seinem Standpunkt. "Ich habe den Putschversuch wiederholt verurteilt und jede Kenntnis oder Beteiligung bestritten", bekräftigte er in seiner Stellungnahme.

Ex-Gouverneur verhaftet

Derweil geht die Regierungspartei AKP nun auch gegen mögliche Unterstützer des Umsturzes in den eigenen Reihen vor. In einem Rundschreiben, aus dem die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu zitierte, ordnete Vize-Parteichef Hayati Yazici eine "dringende Säuberung" an, um mögliche Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen aus der Partei auszuschließen. Die Aktion dürfe nicht zu "Problemen und Gerede in der Partei" führen, warnte Yazici. Ein Vertreter der islamisch-konservativen Partei konnte die Anweisung auf Anfrage zunächst nicht bestätigen.

Zudem wurden zwölf ehemalige Journalisten der Zeitung "Zaman" in Untersuchungshaft genommen. Wie Anadolu berichtete, ist unter den Inhaftierten auch der frühere Kolumnist Mümtazer Türköne. Ihm wird demnach zur Last gelegt, die Gülen-Bewegung unterstützt zu haben. Neun weiteren Verdächtigen wird demnach "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation" vorgeworfen. Die Zeitung "Zaman" und die englischsprachige Ausgabe "Today's Zaman" gehörten zur Gülen-Bewegung, bevor sie im März unter staatliche Kontrolle gestellt wurden.

Auch der während der Gezi-Proteste amtierende Gouverneur von Istanbul wurde in Untersuchungshaft genommen. Ein Gericht in Istanbul habe in der Nacht gegen Ex-Gouverneur Hüseyin Avni Mutlu sowie sieben Provinz-Gouverneure, einen Vize-Gouverneur und drei Distrikt-Gouverneure Haftbefehle erlassen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Den Verdächtigen werde vorgeworfen, der Gülen-Bewegung anzugehören. Mutlu wies die Vorwürfe entschieden zurück. "Ich weigere mich, an der Seite von Putschisten vor Gericht gestellt zu werden", sagte er.

Die türkische Regierung geht nach dem Putschversuch verschärft gegen mutmaßliche Anhänger Gülens vor. So wurden Tausende Soldaten, Polizisten, aber auch Richter, Lehrer und Journalisten suspendiert, entlassen oder festgenommen. Ihnen wird die Unterstützung Gülens beziehungsweise des Putschversuchs vorgeworfen. Zuletzt gerieten auch Unternehmen und Geschäftsleute ins Visier der Regierung. Im Westen haben die Maßnahmen scharf Kritik hervorgerufen.

Quelle: ntv.de, mli/AFP

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