Politik

Asylgipfel der EU-Innenminister Güler: "Meine Hoffnung auf Einigung schwindet"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden
Die EU-Reform zum Asylrecht steht auf der Kippe: Die CDU-Politikerin Güler sieht Prüfungen an den EU-Außengrenzen als richtigen Schritt.

Die EU-Reform zum Asylrecht steht auf der Kippe: Die CDU-Politikerin Güler sieht Prüfungen an den EU-Außengrenzen als richtigen Schritt.

(Foto: IMAGO/Political-Moments)

Am heutigen Donnerstag wollen die EU-Innenminister in Luxemburg über einen europäischen Asyldeal beraten. Doch ob es am Ende eine Einigung gibt, ist völlig unklar. Die Gäste in der ZDF-Sendung Markus Lanz diskutieren über die möglichen neuen Regelungen.

Nun ist es endlich so weit. Jahrelang haben Politiker der EU über einen neuen Deal in der europäischen Flüchtlingspolitik gestritten. Nun könnte eine Lösung gefunden werden. Doch ob es wirklich dazu kommt, ist völlig offen. 15 der 27 EU-Länder mit mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung müssen bei der anschließenden Abstimmung zustimmen. Doch mindestens fünf Länder sind strikt gegen die Reform, darunter Polen und Ungarn, sieben weitere Länder haben schwere Bedenken, heißt es aus Diplomatenkreisen. Das deutsche Abstimmungsverhalten ist unklar. Sollte Deutschland sich enthalten, wäre ein Scheitern der Reform so gut wie sicher. Und die Bundesregierung hat sich noch nicht klar positioniert.

In der Ampelkoalition gibt es Meinungsverschiedenheiten. Streit gibt es vor allem bei den Grünen, denen die deutsche Verhandlungsposition zu hart ist. Sie wehren sich gegen eine "Abschottungspolitik" der EU. Doch die deutsche Position ist auch innerhalb der EU umstritten. Vielen Ländern ist sie nicht hart genug. Die CDU-Politikerin Serap Güler sagt deswegen in der ZDF-Talkshow Markus Lanz am Mittwochabend: "Wenn man jetzt hört, dass sich die EU-Minister in vielen Punkten nicht einig sind und dass jetzt von einer Sondersitzung in zwei Wochen die Rede ist, schwindet meine Hoffnung, dass am Donnerstag wirklich eine Einigung erzielt werden kann. Ich bin da nicht so optimistisch wie der Bundeskanzler. Dabei würde die Asylprüfung an den EU-Außengrenzen eine richtige Richtung einschlagen, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen."

Die Asyllösung der EU

Die aktuelle Lösung der EU-Kommission, über die Markus Lanz mit seinen Gästen im ZDF diskutiert, sieht ein beschleunigtes Asylverfahren an den EU-Außengrenzen für Geflüchtete aus den Ländern vor, deren Anerkennungsquote bei unter 20 Prozent liegt. Das trifft aktuell auf alle Länder zu, bis auf Syrien und Afghanistan. 75 Prozent der Menschen, die einen Asylerstantrag stellen, kommen angeblich aus diesen beiden Ländern. Wer nicht dazu gehört, soll in streng abgeschirmten Auffangeinrichtungen landen. Dort soll die Chance auf Asyl geprüft werden. "Das Verfahren sollen die Länder an der EU-Außengrenze übernehmen. Die Frage ist, ob andere EU-Staaten sie dabei personell und finanziell unterstützen. Das werden wir jetzt klären. Deutschland hat sich bereit erklärt: Wir würden personell unterstützen", erklärt Güler, die von 2017 bis 2021 Staatssekretärin im Integrationsministerium von Nordrhein-Westfalen war.

Einer der Knackpunkte ist, wie man mit Familien mit minderjährigen Kindern umgehen will. Die Bundesregierung möchte sie von der Regelung ausschließen. Doch damit scheint sie auf verlorenem Posten zu stehen. Hier könnte es möglicherweise einen Kompromiss geben. Laut Güler bestehen Länder wie Frankreich oder Polen darauf, dass nur Familien mit Kindern unter zwölf Jahren von den beschleunigten Verfahren an der EU-Außengrenze ausgenommen werden sollen, erklärt Güler.

Mittlerweile wollen sich offenbar eine Reihe EU-Staaten dafür einsetzen, dass Erstanträge auf Asyl überhaupt nicht in der EU bearbeitet werden sollen, wenn sie wenig Chance auf Erfolg haben. Großbritannien hat es vorgemacht: Dort werden Asylbewerber mit geringen Chancen nach Ruanda geflogen, wo dann über ihre Anträge entschieden wird. Dabei geht es vor allem um Abschreckung. Im vergangenen Jahr wurden in der EU rund 880.000 Erstanträge auf Asyl registriert, eine Steigerung um 66 Prozent im Vergleich zu 2021.

Der Streit bei den Grünen

Während Grünen-Politiker wie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sich Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vorstellen können, ist die grüne Basis zu einem großen Teil dagegen. Auch einige Politiker wehren sich, so die Integrationsministerin von Schleswig-Holstein, Aminata Touré. Sie glaubt nicht, dass Asylverfahren an den EU-Grenzen beschleunigt werden könnten. Sie will nicht akzeptieren, dass die Antragsteller auf Asyl drei Monate in "Lagerhaft" zubringen müssen. "Die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, bringen keine Entlastung für uns", sagt die Politikerin bei Markus Lanz. Zudem fordert sie verpflichtende Verteilungsquoten von Migranten für alle EU-Länder. "Viele Staaten sagen, sie werden diesen Verteilungsmechanismus nicht mitmachen."

Touré fordert eine humane Regelung, sowohl bei der Unterbringung der Asylsuchenden als auch bei deren Verteilung. Zudem fordert sie angesichts des zu erwartenden Fachkräftemangels erleichterte Verfahren für Asylbewerber, die sich bereits in Deutschland aufhalten. "Wir sollten dafür sorgen, dass die Möglichkeit besteht, auch über Arbeit eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen", so die Politikerin.

Quelle: ntv.de

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen