"Wollen nur chaotisieren" Halfen AfD-Stimmen Wegner ins Bürgermeisteramt?
28.04.2023, 08:19 Uhr Artikel anhörenDer Start des schwarz-roten Bündnisses in Berlin verläuft holprig. Der neue Regierende Bürgermeister freut sich über seine Wahl, es bleibt jedoch der Makel, dass ausgerechnet Stimmen aus der AfD Kai Wegner zu Amt und Würden verholfen haben könnten.
Kai Wegner ist neuer Regierender Bürgermeister Berlins. Bis dahin brauchte es im Berliner Abgeordnetenhaus drei Wahlgänge. Für Wirbel sorgte die Ankündigung der AfD vor dem dritten Wahlgang, Wegner mit ihren Stimmen ins Amt helfen zu wollen. ntv-Recherchen haben ergeben, dass die AfD-Fraktion - wenn überhaupt - nicht in voller Stärke für den CDU-Spitzenkandidaten gestimmt hat. Stand Freitagmorgen behaupten 12 von 17 Mitgliedern der Berliner AfD, für den neuen Regierenden Bürgermeister Wegner gestimmt zu haben. Von vier AfD-Politikern kam bislang keine Rückmeldung. Unabhängig überprüfen lassen sich die Aussagen der AfD-Politiker nicht, die Wahl verlief geheim.
Ganz geschlossen zeigte sich die AfD ohnehin nicht. Ein AfD-Abgeordneter, der sich klar gegen Wegner positioniert hatte, war Hugh Bronson. "Ich habe in allen drei Wahlgängen gegen Wegner gestimmt", sagte Bronson ntv. Er begründete seine Entscheidung damit, dass sich Wegner im Koalitionsvertrag "fast allen Forderungen des linken Flügels in der SPD gefügt" habe.
In den ersten beiden Wahlgängen scheiterte Wegner, bekam zunächst nur 71 Ja-Stimmen, im zweiten Anlauf 79 Stimmen. Für die ersten beiden Wahlgänge war eine absolute Mehrheit von 80 Stimmen nötig. Wegner bekam im letzten Wahlgang 86 Ja-Stimmen, genau so viele, wie die Koalitionspartner CDU und SPD zusammen an Abgeordneten haben. Sollten die Angaben der AfD-Abgeordneten stimmen, hätte Wegner im letzten Wahlgang allerdings weniger Stimmen aus den eigenen Reihen bekommen als in den ersten beiden Wahlgängen - möglich, aber doch eher unwahrscheinlich.
Schon am Wahlabend gab es Spekulationen, der neue Regierungschef hätte von der Unterstützung der AfD abhängig gewesen sein können. Vertreter von CDU und SPD wiesen dies zurück. Politiker der beiden Parteien hatten sich zunächst gegenseitig die Schuld für das Wahl-Debakel zugeschoben - sie vermuteten Abweichler in den Reihen der jeweils anderen Partei. In der SPD etwa gab es große Vorbehalte gegen die sogenannte Große Koalition.
"Fulminanter Fehlstart"
Heftige Kritik an den beiden neuen Regierungsparteien kam zudem nicht nur von Grünen und Linken. "Dass man drei Wahlgänge braucht, ein derartiges Desaster anrichtet und in der Tat der Makel ja bleibt, dass die Möglichkeit besteht, dass man mit Stimmen der AfD gewählt worden ist, das ist verheerend", sagte der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke in der ARD. "Insofern muss man da von einem fulminanten Fehlstart sprechen." Wegner sagte im RBB: "Das hätte ich mir natürlich anders gewünscht. Das hätten wir uns von der Koalition von CDU und SPD anders gewünscht." Aber der dritte Wahlgang sei verfassungsgemäß geregelt: "Der ist regulär." Daher freue er sich. Er habe eine Koalitionsmehrheit mit 86 Stimmen.
Mit Blick auf die AfD sagte Wegner: "Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will." Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, "dass die AfD einen Regierenden Bürgermeister wählt, der die größte AfD-Jägerin aus ganz Deutschland nach Berlin holt". Wegner dürfte sich dabei auf die neue Justizsenatorin Felor Badenberg beziehen, die zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitete. Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Mario Czaja, bezeichnete bei "Welt" das Vorgehen der AfD als "durchschaubares Manöver". "Das dient dazu, auch wieder zu spalten und Missgunst zu säen. Aber davon lässt sich, glaube ich, diese Regierung nicht abbringen."
Quelle: ntv.de, mba/dpa