Politik

NATO rüstet gegen neue Gefahren Historische Reformen eingeleitet

Das Treffen in Lissabon könnte in die Geschichte eingehen.

Das Treffen in Lissabon könnte in die Geschichte eingehen.

(Foto: dpa)

In Lissabon treffen die Staats- und Regierungschefs der NATO historische Entscheidungen: Sie einigen sich auf eine neue Bündnisstrategie. Diese sieht den Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan bis 2014 vor. Auch soll bei der geplanten Raketenabwehr eine Zusammenarbeit mit Russland angestrebt werden. Zudem rüstet sich das Bündnis gegen Gefahren aus dem Internet.

Das Gelände rund um den Gipfelort gleicht einem Hochsicherheitstrakt.

Das Gelände rund um den Gipfelort gleicht einem Hochsicherheitstrakt.

(Foto: dpa)

Mit einer neuen Bündnisstrategie hat die NATO ihre Marschroute für das kommende Jahrzehnt festgelegt. Der NATO-Gipfel segnete in Lissabon das neue strategische Konzept ab, mit dem sich die Allianz gegen neuartige Gefahren wie Attacken aus dem Internet oder den internationalen Terrorismus rüsten will. Außerdem beschlossen die 28 Mitglieder den Aufbau einer Raketenabwehr, an der auch Russland beteiligt werden soll.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte den einstimmigen Beschluss als "Schritt ins 21. Jahrhundert". Die Bedrohungen hätten sich seit Ende des Kalten Kriegs völlig verändert, unterstrich die Kanzlerin. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte in seiner Begrüßungsansprache von "einem der wichtigsten Gipfeltreffen in der Geschichte der Allianz" gesprochen. Die neue Strategie löst das alte Konzept von 1999 ab.

Riesiges Raketenabwehrsystem geplant

Ein Schlüsselelement der neuen Strategie ist der Aufbau eines bündniseigenen Raketenabwehrsystems. "Ich bin erfreut, dass wir uns zum ersten Mal darauf verständigt haben, eine Raketenabwehr zu entwickeln, die stark genug ist, die Bevölkerung und Gebiete aller europäischen Nato-Mitglieder sowie der USA abzudecken", sagte US-Präsident Barack Obama. Das System richtet sich vor allem gegen mögliche Angriffe aus dem Iran. Das NATO-Mitglied Türkei setzte allerdings durch, dass Teheran in der Strategie nicht namentlich erwähnt wird.

Die NATO will den Schutzschirm auch über Russland spannen. Hier US-Präsident Obama bei der Ankunft in Lissabon.

Die NATO will den Schutzschirm auch über Russland spannen. Hier US-Präsident Obama bei der Ankunft in Lissabon.

(Foto: dpa)

Bei der Raketenabwehr bietet die NATO Russland eine Zusammenarbeit an, bereits am Samstag beraten die 28 NATO-Staaten darüber mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew. Die Pläne sorgten lange Zeit für Spannungen zwischen den USA und Russland. Obamas Vorgänger George W. Bush hatte Abfangraketen in Osteuropa stationieren wollen, Moskau fühlte sich dadurch in seiner Sicherheit bedroht. Obama verwarf die Pläne und kündigte stattdessen ein flexibleres, seegestütztes System an, das sich auf die Abwehr von Kurz- und Mittelstreckenraketen konzentrieren soll.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nannte es historisch, dass die NATO als ehemals gegen den Warschauer Pakt gerichtetes Bündnis Russland zu einem Gipfel einlade. "Dieses Wochenende wird mindestens in der NATO Geschichte schreiben", sagte Westerwelle.

Schritt hin zur atomwaffenfreien Welt

Wie von Berlin gefordert, verankerte die NATO erstmals das Ziel einer atomwaffenfreien Welt in dem neuen strategischen Konzept. "Wir sind entschlossen, eine sicherere Welt für alle anzustreben und die Bedingungen für eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen", heißt es in dem Dokument. Zugleich hält die NATO auf Drängen der Atommacht Frankreich am Prinzip der nuklearen Abschreckung fest. Merkel warnte daher vor übertriebenen Erwartungen: "Wir dürfen natürlich auch nicht naiv sein", sagte sie. Wenn "die NATO ihre Abschreckungsgefahr aufgeben würde, wäre das ein falsches Zeichen".

Rasmussen rief unterdessen den US-Senat auf, den START-Abrüstungsvertrag mit Russland zu ratifizieren. Jede Verzögerung bedeute einen "Schaden" für die Sicherheit in Europa, sagte der NATO-Generalsekretär. Der Vertrag sieht eine Obergrenze von je 1550 einsatzbereiten Atomsprengköpfen in Russland und den USA vor. Der bisher gültige START-Vertrag war vergangenen Dezember ausgelaufen, im Frühjahr hatten Obama und Medwedew das Nachfolgeabkommen unterzeichnet. Wegen fehlender Mehrheiten für Obamas Demokraten droht dem Vertrag im Senat das Aus.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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