London fordert friedliche Lösung Hongkonger fürchten gewaltsame Räumung
30.09.2014, 12:58 Uhr
Die Demonstranten haben Straßen blockiert und damit Teile des Finanzdistrikts lahmgelegt.
(Foto: REUTERS)
China feiert am Mittwoch den Jahrestag der Gründung der KP. Doch in Hongkong wird protestiert. Dort erwarten die Regierungsgegner deshalb die Räumung der besetzten Viertel. Derweil äußert sich Großbritannien besorgt um die Gewalt in der Ex-Kronkolonie.
In Hongkong haben sich Zehntausende Gegner der chinesischen Zentralregierung auf die gewaltsame Räumung der Straßen der Millionenmetropole vorbereitet. Die Demonstranten rechneten damit, dass die Sicherheitskräfte noch am Abend gegen die in den belebtesten Stadtteilen massierten Demokratiebefürworter vorgehen werden. In Erwartung möglicher schwerer Auseinandersetzungen hielten sich die Anleger an den asiatischen Aktienmärkten zurück.
In den Reihen der Demonstranten machte das Gerücht die Runde, die Straßen der Wirtschaftsmetropole würden am Vorabend des Nationalfeiertages an diesem Mittwoch geräumt. Viele einflussreiche Leute würden nach Hongkong kommen, sagte etwa der Studienanfänger Sui-ying Cheng. "Die Hongkonger Regierung will nicht, dass sie die Proteste sehen, also muss die Polizei etwas unternehmen." Der 18-Jährige versicherte: "Wir werden diese Nacht hier bleiben. Diese Nacht ist die wichtigste."
Führende Mitglieder der Bewegung für mehr Demokratie berichteten zudem von Morddrohungen gegen sie. Der Mitgründer der Protestgruppe Occupy Central, der Soziologie-Professor Chan Kin-Man, erklärte, er habe einen Stapel mit Umschlägen, die Todesdrohungen in hingekrakelten chinesischen Schriftzeichen enthalten. Auch der Jura-Professor und Occupy-Central-Mitbegründer Benny Tai erklärte, er habe Drohungen erhalten. Fünf weitere Aktivisten sagten, ohne Details zu nennen, sie seien aufgrund ihres Engagements Ziel von Einschüchterungen geworden.
Der britische Premierminister David Cameron hatte sich zuvor "tief besorgt" über die Lage in der ehemaligen Kronkolonie geäußert. Nach den dortigen gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten hoffe er auf eine Lösung des Problems, sagte Cameron dem Sender Sky News. In dem Abkommen mit China über die Sonderverwaltungszone sei auch die Bedeutung einer demokratischen Zukunft für die Menschen in Hongkong betont worden, sagte der Premier. Die USA und Taiwan stellten sich hinter die Forderungen der Demonstranten nach freien und fairen Wahlen.
Peking lenkt nicht ein
Die Polizei war in den vergangenen Tagen mit Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcken gegen die Demonstranten vorgegangen, die für mehr Demokratie eintreten. Nichtsdestotrotz setzten Zehntausende Menschen die Massenproteste fort. Sie blockierten Hauptverkehrsadern im Finanzdistrikt auf der Insel Hongkong sowie auf der Halbinsel Kowloon. Die Proteste verliefen friedlich, die Polizei hielt sich merklich zurück.
Der Hongkonger Regierungschef Leung Chun-ying forderte derweil ein "sofortiges" Ende der Demonstrationen. In einer Rede sagte er, die Zentralregierung in Peking werde nicht einlenken. Die Demokratiebewegung forderte dagegen bis Donnerstag den Rücktritt des Regierungschefs, andernfalls werde der Protest noch weiter ausgedehnt. Am Mittwoch sollte es zudem eine Massenkundgebung geben, zu der mehr als 100.000 Demonstranten erwartet wurden.
Die Proteste hatten sich an einem Beschluss der kommunistischen Führung in Peking entzündet, bei der Wahl des Chefs der Sonderverwaltungszone 2017 nur vorab ausgewählte Kandidaten zuzulassen. Damit ist eine Kandidatur von Regierungskritikern in Hongkong faktisch unmöglich.
Das Außenministerium in Peking kritisierte die Demonstrationen erneut als "illegale Versammlung", in deren Zuge es zu mehreren Verstößen gegen Gesetze und rechtsstaatliche Grundsätze gekommen sei. "Wir sind gegen sämtliche illegalen Akte in Hongkong", sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone genieße deshalb die volle Unterstützung Pekings für ihr Vorgehen. Die Sprecherin kritisierte zudem westliche Staaten, offizielle Stellungnahmen zu den Massenprotesten abgegeben zu haben.
Quelle: ntv.de, mli/rts/AFP/dpa