Islamisten-Offensive IS-Kämpfer greifen bei Aleppo an
11.08.2015, 16:01 Uhr
Ein Krieg mit vielen Fronten: Syrische Rebellen kämpfen gegen regierungstreue Truppen und fanatische Islamisten.
(Foto: REUTERS)
Die Luftschläge der multinationalen Militärallianz zeigen im Norden Syriens wenig Wirkung: Auf halbem Weg zwischen Aleppo und der türkischen Grenze rücken islamistische Fanatiker mit Gewalt vor.
Die Schlagkraft der Extremisten scheint ungebrochen: Kämpfer des "Islamischen Staates" (IS) haben nördlich von Aleppo eine neue Offensive gegen syrische Rebellengruppen begonnen. Nach Angaben des IS und der oppositionsnahen Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte wurden bei Gefechten und Selbstmordanschlägen in der Stadt Marea Dutzende Kämpfer auf beiden Seiten getötet.
Eine Einheit von IS-Kämpfern sei in die Stadt Marea in der Provinz Aleppo eingedrungen und habe "Sprengsätze geworfen und auf Zivilisten gezielt", erklärte das örtliche oppositionelle Reporternetzwerk Schahba. Rebellen hätten die Angreifer eingekreist, woraufhin sich mehrere von ihnen in die Luft gesprengt hätten, schrieb Schahba-Direktor Mamun al-Chatib.
Beginnt eine neue Phase des Krieges?
Ein Kommandeur der "Freien Syrischen Armee" sprach von den heftigsten Angriffen des IS in der Region seit Monaten. Marea liegt rund 20 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt in jenem Gebiet, aus dem die Türkei und die USA den IS vertreiben wollen, um dort eine Pufferzone zu errichten. Die Türkei will syrische Bürgerkriegsflüchtlinge dazu bewegen, dorthin zurückzukehren.
Die Türkei und die USA hatten sich Ende Juli darauf verständigt, die Extremisten aus dem Grenzgebiet zu verdrängen. Der Islamische Staat kontrolliert gegenwärtig einen etwa 70 Kilometer langen Gebietsstreifen in Nordsyrien. Die Türkei befürchtet, ein Vorrücken des IS könnte von ihr unterstützte Rebellen isolieren, die mit Regimetruppen um Aleppo kämpfen.

Schwere Gefechte unweit der türkisch-syrischen Grenze: Die Kampfkraft des IS scheint ungebrochen.
(Foto: n-tv.de / stepmap.de)
Marea ist allerdings auch für alle übrigen kämpfenden Parteien von strategischer Bedeutung: Wer die Stadt beherrscht, kontrolliert zugleich auch die kürzeste Verbindung zwischen der Großstadt Aleppo und der Grenze zur Türkei.
Wie viele Kämpfer in den jüngsten Gefechten um Marea ihr Leben lassen mussten, blieb zunächst unklar. Nach Angaben der Beobachtergruppe starben mindestens 25 syrische Rebellen und acht IS-Kämpfer. Die Gruppe bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk von Ärzten und Aktivisten vor Ort. Wegen der unübersichtlichen Lage in dem Bürgerkriegsland sind die Angaben der Beobachtungsstelle von unabhängiger Seite kaum überprüfbar.
IS zählt doppelt so viele Tote
In einer Erklärung des IS heißt es dagegen, etwa 50 Mitglieder einer Miliz von Abtrünnigen sei bei dem Angriff auf Marea getötet worden. Die radikalen Sunniten des IS bezeichnen Andersgläubige und selbst schiitische Glaubensbrüder generell als Ungläubige oder Abtrünnige.
Erst zu Wochenbeginn hatte die mit der Al-Kaida verbündete Rebellengruppe Al-Nusra-Front angekündigt, sich aus den Kämpfen gegen den IS nördlich der syrischen Stadt Aleppo zurückzuziehen. Die Freie Syrische Armee wiederum kämpft in Syrien sowohl gegen die Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad als auch gegen den IS. Die Dschihadistenmiliz versuchte bereits mehrfach, Marea einzunehmen. Unter der Führung der USA versucht eine multinationale Allianz seit mittlerweile mehr als einem Jahr, die IS-Kämpfer mit Angriffen aus der Luft zurückzudrängen.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa/rts