Experte sieht Terrorgefahr "IS-Politik der Türkei ist vollkommen gescheitert"
24.07.2015, 11:29 Uhr
Lange, viel zu lange ließ die Türkei den IS gewähren. Nun plötzlich vollzieht das Land scheinbar eine Kehrtwende. Doch sie könnte zu spät kommen.
Der Islam-Wissenschaftler Michael Lüders befürchtet, dass der Terror des Islamischen Staates nun auch näher nach Deutschland kommt. Es sei vorstellbar, dass sich der IS angesichts der Luftangriffe aus der Türkei rächt, sagte Lüders n-tv. Mögliche Zielscheibe von Terroranschlägen wären dabei zwar vor allem die Touristenzentren wie Antalya und die Metropole Istanbul. Aber, so Lüders: "Es ist nicht weit von der Türkei zu uns nach Deutschland." Sicher sei in jedem Falle, dass sich die Kämpfe in der Region und insbesondere im Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei intensivierten.
Der Türkei warf Lüders vor, den IS viel zu lange durch Passivität, teilweise auch aktiv unterstützt zu haben. Faktisch habe es in den letzten Jahren "eine Art Gentlemen's Agreement" mit dem Islamischen Staat gegeben. "Man hat diese Organisation gewähren lassen, auch in der Türkei, wo sie viele Anhänger hat, wo sie Rekrutierungsbüros unterhält. Gleichzeitig wurden verletzte Kämpfer des Islamischen Staates in der Türkei behandelt und türkische Geschäftsleute kaufen regelmäßig Erdöl, das der Islamische Staat unter Preis in Richtung Türkei verkauft", konstatierte Lüders.
Erst mit dem Anschlag in Suruc vor einigen Tagen mit über 30 Toten habe sich die Haltung der Türkei schlagartig geändert. "Das war der Weckruf für die türkische Regierung", so Lüders. Und zugleich sei es auch das Eingeständnis eines vollkommenen Scheiterns der eigenen Haltung gegenüber dem Islamischen Staat. "Man glaubte, man könnte den Tiger reiten, aber jetzt funktioniert es nicht mehr." Ob allerdings diese 180-Grad-Kehrtwende noch rechtzeitig komme, wisse er nicht.
Quelle: ntv.de, tar