Pentagon registriert Phantom-Jets Iran bombardiert IS-Stellungen
03.12.2014, 08:40 Uhr
Ein Phantom-Jet der iranischen Luftwaffe (Archivbild): "Es hat sich nichts an unserer Politik geändert, dass wir unsere militärischen Aktivitäten nicht mit den Iranern koordinieren."
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Im Luftraum über dem Irak wird es gefährlich eng: Auf den Radarschirmen der USA tauchen unangemeldete Kampfjets auf. Teheran greift offenbar auf eigene Faust in die Kämpfe ein. Die Luftangriffe gegen die IS-Milizen drohen sich zu einem Regionalkrieg auszuweiten.
Der Iran hat nach Angaben der USA in den vergangenen Tagen im Irak Stellungen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) mit eigenen Kampfjets angegriffen. Die Einsätze seien nicht mit der US-geführten Koalition gegen den IS abgestimmt gewesen, sagte Pentagonsprecher John Kirby.
Der Iran selbst wollte die Angaben nicht bestätigen. Eine Sprecherin des Außenamts in Teheran sagte, der Bericht des Pentagons sei "nicht genau, daher auch nicht korrekt". Ein klares Dementi der Luftangriffe gab sie jedoch nicht ab. "Die iranische Strategie hat sich nicht geändert", sagte die Sprecherin. Bislang umfasste diese Strategie lediglich die militärische Beratung der irakischen Armee, nicht jedoch direkte Angriffe.
Luftschläge im Osten Bagdads
Washington habe Hinweise darauf, dass iranische Kampfjets "in den vergangenen Tagen" im Osten des Landes IS-Ziele bombardiert hätten, sagte Kirby. Es handle sich um F-4-Phantom-Kampfjets. Es ist das erste Mal, dass die USA bestätigten, dass der Iran Luftangriffe im Irak fliegt. Bekannt war zuvor bereits, dass Teheran die Regierung in Bagdad im Kampf gegen die radikalen sunnitischen Aufständischen des IS mit Waffen und Ausbildern unterstützt.
Der arabische Sender Al-Dschasira hatte kürzlich Aufnahmen veröffentlicht, auf denen mutmaßlich Kampfjets vom Typ F-4 zu sehen waren, wie sie bei der iranischen Luftwaffe Verwendung finden. Demnach griffen die Jets Ziele in der ostirakischen Provinz Dijala an. Die Region erstreckt sich östlich der irakischen Hauptstadt von Bagdad bis zur Grenze zum Iran. Der IS kontrolliert mittlerweile weite Gebiete im Irak sowie im benachbarten Syrien und geht dort brutal gegen Andersgläubige vor.
Bei der F-4 "Phantom" handelt es sich um einen Jagdbomber aus US-Produktion, der unter anderem im Vietnamkrieg und im Jom-Kippur-Krieg zum Einsatz kam. Die iranischen Maschinen stammen noch aus den Tagen vor der islamischen Revolution. Auch in Deutschland war das Flugzeug des Herstellers McDonnell-Douglas über Jahrzehnte am Himmel zu sehen. Die Luftwaffe hat die letzten deutschen Phantom-Jets im vergangenen Sommer endgültig ausgemustert.
Wer spricht nicht mit wem?
Pentagonsprecher Kirby hatte zuvor auf einer Pressekonferenz erklärt, dass es in der Verantwortung der irakischen Regierung liege, den eigenen Luftraum zu verwalten. Die USA stimmten ihre Luftangriffe in dem Land mit Bagdad ab, sagte er. "Es hat sich nichts an unserer Politik geändert, dass wir unsere militärischen Aktivitäten nicht mit den Iranern koordinieren."
Das weitere Vorgehen gegen den IS ist am Mittwoch auch Thema in Brüssel, wo Vertreter aus 58 Staaten auf Einladung von US-Außenminister John Kerry im Nato-Hauptquartier zusammenkommen. Neben der Fortsetzung der Luftangriffe soll auch über Möglichkeiten diskutiert werden, wie der Zustrom ausländischer Kämpfer in die Reihen der Extremistenmiliz gestoppt und den Dschihadisten finanziell das Wasser abgegraben werden kann.
Steinmeier beim Anti-IS-Treffen
Ein weiteres Thema ist humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, die vor den Kämpfen fliehen mussten. Deutschland wird durch Außenminister Frank-Walter Steinmeier vertreten. Die Streitkräfte der USA und des Irak bildeten nach Angaben aus US-Regierungskreisen im Irak zudem etwa 2000 Sunniten für den Kampf gegen den IS aus.
Die Ausbildung findet unter anderem am Luftwaffenstützpunkt Al-Assad in der Provinz Anbar statt. Ziel der schiitisch geführten irakischen Regierung sei es, mehr sunnitische Stammeskämpfer in den Kampf gegen den radikalsunntischen IS einzubinden, erklärte ein US-Vertreter.
Verstärkung erreicht Kobane
In Kobane, jener besonders schwer umkämpften Grenzstadt im Norden Syriens, traf in der Nacht auf Mittwoch eine zweite Gruppe kurdischer Peschmerga-Kämpfer aus dem Irak ein. Die Verstärkung war mit Billigung der Türkei über türkisches Territorium nach Nordsyrien gereist, um Kobane gegen den IS zu verteidigen.
Die rund 150 Kämpfer hätten weitere Waffen und Munition im Gepäck, hieß es. Die Türkei hatte Ende Oktober eine erste Gruppe von ebenfalls etwa 150 Kämpfern über ihr Staatsgebiet nach Kobane reisen lassen.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP