Erbitterte Kämpfe im Süden Gazas Israel: Hamas feuert Raketen aus "humanitärer Zone"
07.12.2023, 13:40 Uhr Artikel anhören
Die Lage der Zivilisten im Süden des Gazastreifens wird immer verzweifelter.
(Foto: dpa)
In Chan Junis tobt der Häuserkampf, Israel jagt die Hamas-Führung. Nun wirft die Armee der Terrororganisation vor, Zivilisten erneut als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Zwölf Raketen seien aus einem Bereich für Flüchtlinge abgefeuert worden. Derweil wächst die Kritik an Israels Vorgehen.
Die Hamas hat nach Angaben der israelischen Armee aus einer als "humanitäre Zone" ausgewiesenen Gegend im Süden des Gazastreifens mehrere Raketen in Richtung Israel abgefeuert. In der Nähe der Orte, von denen aus die Angriffe der Islamisten ausgingen, befinden sich Zelte geflüchteter Zivilisten, wie das Militär mitteilte. Auch Einrichtungen der Vereinten Nationen gebe es in dem Gebiet namens Al-Mawasi am Mittelmeer unweit der Grenze zu Ägypten.
Die Hamas habe von dort aus am Mittwochnachmittag unter anderem zwölf Raketen auf die israelische Stadt Beerscheba im Süden Israels abgeschossen. Israelische Medien meldeten einen Raketeneinschlag dort auf einem Parkplatz, der Schäden verursacht habe. Berichte über Verletzte gab es nicht. Nach Angaben der Armee landete ein fehlgeleitetes Geschoss aus Al-Mawasi am Mittwoch auch im Gazastreifen selbst. Es habe dort Zivilisten gefährdet.
Israels Armee wirft der Hamas immer wieder vor, Zivilisten im Gazastreifen als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Die Terrororganisation weist dies zurück.
Israel setzt Kämpfe im Gazastreifen fort
Indes setzt Israels Militär seine Kämpfe gegen die Hamas in Chan Junis fort. Dutzende Stellungen der Terroristen seien in der größten Stadt des südlichen Gazastreifens angegriffen worden, teilte die Armee mit. Auch im Norden des Küstengebiets gebe es weiter Kämpfe. In Dschabalia hätten Soldaten ein Militärgelände der Hamas angegriffen und dabei ebenfalls mehrere Terroristen getötet. Auf dem Areal fand das Militär eigenen Angaben nach Tunnel und Waffen. Auch Israels Marine habe wieder Hamas-Stellungen im Gazastreifen beschossen.
Angesichts von Leid und Vertreibung palästinensischer Zivilisten wächst international die Kritik am Vorgehen der Armee. UN-Generalsekretär António Guterres forderte in einem seltenen Schritt den Weltsicherheitsrat dringend auf, sich für die Abwendung einer humanitären Katastrophe im Gazastreifen einzusetzen.
Das Militär hatte die Bevölkerung im nördlichen Teil des Küstengebiets in den vergangenen Wochen zur Evakuierung aufgefordert. Die Menschen sollten in den Süden gehen - vor allem nach Al-Mawasi. Die Situation ist laut Augenzeugen auch dort allerdings sehr prekär, es fehle an Lebensmitteln und Unterkünften. Nach Angaben des Palästinenserhilfswerkes der Vereinten Nationen (UNRWA) gibt es mittlerweile fast 1,9 Millionen Binnenvertriebene in dem Küstenstreifen - bei mehr als 2,2 Millionen Bewohnern insgesamt.
Israel erlaubt nun die Einfuhr von mehr Treibstoff in den Süden des Gazastreifens. Das Sicherheitskabinett habe am Mittwochabend einer Empfehlung des Kriegskabinetts zugestimmt, teilte Netanjahus Büro mit. Eine Erhöhung der erlaubten Mindestmenge sei erforderlich, "um einen humanitären Zusammenbruch und den Ausbruch von Epidemien zu verhindern", hieß es. Unklar war zunächst, um wie viel die Treibstoffmenge, die täglich in den Gazastreifen gebracht werden darf, konkret erhöht werden soll.
Jordaniens Luftwaffe wirft medizinische Hilfsgüter ab
Die jordanische Luftwaffe hat in der Nacht zum Donnerstag medizinische Hilfsgüter über der umkämpften Stadt Chan Junis abgeworfen. Wie die Streitkräfte in dem arabischen Land mitteilten, handelte es sich bereits um den vierten Abwurf. Es war jedoch der erste, der an das vor rund zwei Wochen eingerichtete jordanische Feldkrankenhaus in der Stadt im südlichen Gazastreifen ging. Die ersten drei Lieferungen waren an eine Einrichtung im Norden gegangen.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer Terrorgruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten. Mehr als 1200 Menschen wurden getötet. Israel begann daraufhin massive Luftangriffe und seit Ende Oktober eine Bodenoffensive im Gazastreifen. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums sind inzwischen mehr als 16.200 Menschen in Gaza getötet worden. Unabhängig lässt sich dies gegenwärtig nicht überprüfen.
Quelle: ntv.de, gut/dpa