Anerkennung als Staat angekündigt Israel kritisiert Schwedens Palästina-Vorstoß
05.10.2014, 09:03 Uhr
Israels Außenminister Lieberman ermahnte den schwedischen Ministerpräsidenten, sich "tiefgründiger mit der Problematik" im Nahen Osten zu befassen.
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Mit Schweden könnte erstmals eines der älteren EU-Mitglieder einen Staat Palästina anerkennen. Israels Außenminister nennt den Vorstoß von Ministerpräsident Löfven "bedauerlich". Auch die USA geben sich gegenüber dem Schweden zurückhaltend.
Die geplante Anerkennung des Staates Palästina durch Schweden ist in Israel auf Kritik gestoßen. Israels Außenminister Avigdor Lieberman nannte die Ankündigung des neuen schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven "bedauerlich", wie der israelische Onlinedienst "Ynet" berichtete. Lieberman ermahnte den schwedischen Regierungschef, sich zuvor "tiefgründiger mit der Problematik" zu befassen. Der schwedische Botschafter wurde für den Montag ins Außenministerium in Jerusalem bestellt.

Löfven nannte in seiner Antrittsrede eine Anerkennung beider Staaten Israel und Palästina als Voraussetzung für den Friedensprozess.
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Der Sozialdemokrat Löfven hätte sich in seiner Antrittsrede besser auf dringendere Probleme im Nahen Osten konzentrieren sollen - wie etwa die täglichen Massenmorde in Syrien, Irak und anderen Orten der Region, heißt es in der Erklärung Liebermans laut "Ynet" und "Jerusalem Post". Löfven müsse verstehen, dass keine Erklärung und kein Schritt eines Spielers von außerhalb die direkten Verhandlungen zwischen beiden Seiten ersetzen kann.
Löfven hatte am Freitag während seiner Antrittsrede gesagt: "Eine Zweistaatenlösung erfordert gegenseitige Anerkennung und den Willen zu friedlicher Koexistenz. Schweden wird deshalb den Staat Palästina anerkennen." Einen Zeitpunkt dafür nannte Löfven nicht. Schweden wäre das erste der längeren EU-Mitglieder, das diesen Schritt unternimmt. Polen, Ungarn und die Slowakei hatten dies bereits getan, bevor sie der EU beigetreten waren.
USA nennen Anerkennung "verfrüht"
Dagegen dankte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Schweden für die geplante Anerkennung eines Staates Palästina. Abbas lobte den Schritt am Samstag in Ramallah als "ehrenhaft". Er hoffe, dass weitere Länder dem Beispiel folgen.
US-Außenamtssprecherin Jen Psaki bezeichnete die Entscheidung Schwedens als "verfrüht". "Wir unterstützen sicherlich eine palästinensische Eigenstaatlichkeit, aber die kommt nur durch eine Verhandlungslösung", sagte Psaki in Washington. Israelis wie Palästinenser müssten sich auf die Grundlagen einigen, wie sie in Zukunft als zwei Staaten Seite an Seite leben würden. Löfven reagierte mit Unverständnis auf die US-Kritik. "Um weiter zu einer Zweistaatenlösung zu kommen, müssen wir den Staat Palästina anerkennen", sagte Löfven laut "Svenska Dagbladet".
Israel, die EU und andere westliche Staaten vertreten bislang die Linie, dass ein souveräner Palästinenserstaat mit international anerkannten Grenzen erst zum Abschluss von Friedensverhandlungen mit Israel ausgerufen und anerkannt werden könne. Auch Löfven fügte während seiner Rede hinzu: "Der Konflikt zwischen Israel und Palästina kann nur durch eine Zweistaatenlösung gelöst werden, ausgehandelt in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Völkerrechts (...) Diese muss die legitimen Ansprüche der Palästinenser und Israelis auf Selbstbestimmung und Sicherheit garantieren."
Abbas fordert "Ende israelischer Besatzung"
Vor Abbas hatte bereits der palästinensische Außenminister Riad al-Maliki Schweden dafür gedankt, das "legitime Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und einen unabhängigen Staat" zu unterstützen.
Die Palästinenser bemühen sich seit Jahrzehnten um die Anerkennung eines Staates, zu dem das Westjordanland, der Gazastreifen sowie Ost-Jerusalem als Hauptstadt gehören sollen. 1988 proklamierte der ehemalige Palästinenserführer Jassir Arafat im Exil den Staat Palästina.
Bis heute haben mehr als zwei Drittel aller UN-Mitglieder einen Staat Palästina anerkannt. Seit Ende 2012 genießt Palästina wie beispielsweise auch der Vatikan einen Status als Beobachterstaat bei den Vereinten Nationen, ist jedoch kein Mitglied. Mit dem Oslo-Friedensprozess sollte vor rund 20 Jahren eigentlich der Weg zu einem unabhängigen Palästinenserstaat geebnet werden. Zuletzt scheiterten im April erneut Friedensverhandlungen trotz amerikanischer Vermittlung.
Palästinenserpräsident Abbas hatte in der vergangenen Woche während der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York gesagt, dass die Zeit reif sei für ein Ende der israelischen Besatzung. Abbas forderte den UN-Sicherheitsrat auf, einen Zeitrahmen dafür festzulegen.
Quelle: ntv.de, bwe/dpa/AFP